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3. Juni 2020 | Kommentar der Woche | 

Hubertus Brantzen: Nur Mut, Kirche!


( Jacques Courtois, Durchzug durch das Rote Meer, 1676 – Foto: wikimedia commons)

Kommentar der Woche: Nur Mut, Kirche!

Prof. Dr. theol. Hubertus Brantzen (Foto: basis-online.net)

Prof. Dr. theol. Hubertus Brantzen | Mainz (Foto: basis-online.net)

03.06.2020

Hubertus Brantzen

Nur Mut, Kirche!

Der Schrei nach einem „normalen Leben“ geht um die Welt. Nach Wochen des Lockdown mit Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen, mit Stillstand und Talfahrt der Wirtschaft, mit Aussetzen des Sports und den Kraftanstrengungen der Familien halten viele die Bestimmungen nicht mehr länger aus. Wir wollen wieder ein „normales“ Leben führen. Doch die Frage ist, ob diese Normalität des Alltags die alte sein kann oder eine neue sein wird und sein muss.

Hier ist eine aufrüttelnde Botschaft notwendig, damit wir aus Angst, Pessimismus und Selbstmitleid aufwachen. Wo bleibt in dieser Situation ein prophetisches Wort der Kirche? Wagt sie sich nicht aus den Kirchenmauern heraus, um ein Sinnangebot aus dem Licht des Evangeliums in diese Corona-Krise hineinzusprechen? Und überlässt das Feld obskuren Verschwörungstheoretikern oder den Polit- und Wirtschaftsmanagern, die das gewohnte System wieder hochfahren wollen?

„Zur Erfüllung ihres Auftrags obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten.“ So formuliert das Zweite Vatikanische Konzil in „Gaudium et spes“ Nr. 4 die Aufgabe der Kirche in der Welt.

Nun hat der Papst am Pfingstsamstag in einer Videobotschaft klare Worte gefunden. Er bezeichnet das Coronavirus als eine der großen Prüfungen der Menschheit. „Wenn wir aus dieser Pandemie herauskommen, werden wir nicht so weitermachen können wie zuvor. Nein, alles wird anders sein.“ Es müsse eine „neue Realität“ geschaffen werden. Wenn keine gerechtere und gleichberechtigtere Gesellschaft entstehe, wäre das Leid der vergangenen Wochen umsonst gewesen. So müsse zum Beispiel die „Pandemie der Armut in der Welt“ beendet werden.

Die Krise besitzt für Papst Franziskus also einen Aufforderungscharakter. Dieses Zeichen der Zeit birgt eine Botschaft, die nicht überhört werden darf. Im Blick auf die Pandemie könnte man in Bilder der Bibel formulieren: Wollt ihr auf dem Weg durch die Wüste zurück zu den Fleischtöpfen Ägyptens oder habt ihr den Mut, den Weg in ein neues, gelobtes, wenn auch noch unbekanntes Land zu suchen?

Der Aufbruch in ein neues Land wäre möglich. Das zeigen die Initiativen in der Krise. Plötzlich werden Milliarden Dollars und Euros bereitgestellt, um die Welt wieder in Schwung zu bringen. „Yes, we can!“ Warum können wir nur, wenn wir es so richtig mit der Angst zu tun bekommen? Warum greifen wir nicht genauso beherzt die großen Probleme der Menschheit wie etwa die vom Papst angesprochene Armut an?

Nur Mut, Kirche! Sprich davon, wie die „neue Normalität“ aussehen könnte! Und verwirkliche diese neue Normalität auch im Binnenraum der Kirche! Und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

Für das Basis-Team:
Hubertus Brantzen
Mainz

Quelle: www.basis-online.net
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung


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