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9. April 2020 | International | 

In der Corona-Krise in Indien - Gemeinschaft „Maria auf dem Weg“ ist in Tamil Naidu aktiv


Schutzmasken nähen - eines der Projekte der Gemeinschaft "Maria auf dem Weg" in Indien in der aktuellen Corona-Krise (Foto: Häring)

Schutzmasken nähen - eines der Projekte der Gemeinschaft "Maria auf dem Weg" in Indien in der aktuellen Corona-Krise (Foto: Häring)

Hbre. Gisela Häring ist Mitglied der zur Schönstatt-Bewegung gehörenden Gemeinschaft „Maria auf dem Weg“. Sie ist verantwortlich für Projekte der Gemeinschaft in Indien und verbringt jährlich mehrere Monate in Tamil Nadu. Ihr Bericht über Erfahrungen in der Corona-Krise, den sie kurz vor Ostern gesendet hat, macht deutlich, wie sehr Menschen überall auf der Welt von der Pandemie betroffen sind.

Hilfe für Familien, die in der Corona-Ausgangssperre ohne Einkommen sind (Foto: Häring)

Hilfe für Familien, die in der Corona-Ausgangssperre ohne Einkommen sind (Foto: Häring)

Die gepackten Hilfe-Taschen (Foto: Häring)

Die gepackten Hilfe-Taschen (Foto: Häring)

Einige Näherinnen stellen Mundschutztücher her (Foto: Häring)

Einige Näherinnen stellen Mundschutztücher her (Foto: Häring)

Ein neues Produkt der Näherei (Foto: Häring)

Ein neues Produkt der Näherei (Foto: Häring)

Schwierige Zeiten in Tamil Nadu

Gisela Häring. Für viele Wochen haben wir hier in Tamil Nadu wie durch ein Fenster auf die Außenwelt geschaut, in der Hoffnung, Gott möge uns verschonen. Das hat sich seit circa 14 Tagen drastisch geändert. Es hat mit der Schließung der Schulen und Universitäten am 17. März begonnen. Die Prüfungen der Abiturienten wurden mit dem 23. März abgeschlossen. Am 19. März hat unsere deutsche Praktikantin Daphne die Aufforderung bekommen, Indien so schnell wie möglich zu verlassen und ist – nach abenteuerlicher Reise - inzwischen gut in Deutschland angekommen.

Am 22. März wurde uns ein 24 Stunden Ausgehverbot auferlegt, das dann am 23. März abends ab 18 Uhr für 3 Wochen verlängert wurde. Leider wurden diese Verbote am Abend verkündet und galten ab Mitternacht. Es gab nicht viel Zeit, uns darauf vorzubereiten.

Wie in einem anderen Land …

Wer Indien und die Inder kennt, hat derzeit den Eindruck, in einem anderen Land zu sein. Normalerweise muss ein Verkäufer immer drei Personen auf einmal bedienen. Ohne drängeln geht nichts. An den Schaltern ob bei der Bank, der Post oder der Bahn, drängen sich sonst immer mindestens drei Personen in deinem Rücken. Jetzt steht man in einer Reihe mit dem nötigen Abstand.

Der Staat hat den Kindern in den Schulen Seife geschenkt, damit sie die Hände waschen. Die Straßen sind leer. Es gibt nur Öffnungszeiten für die Gemüseläden, die Apotheken, die kleinen Lebensmittelgeschäfte (nicht für die Supermärkte) und die Milchgenossenschaften von morgens 9.00 Uhr bis 12.30 Uhr. Es fahren keine Busse. Die Firmen haben überwiegend die Produktion eingestellt oder fahren nur mit einer Arbeitsschicht.

Schwierige Evakuierungsfahrt

Die Polizei wacht auf den Straßen und wenn sie drei Jungens auf einem Motorrad sieht zögert sie nicht, die Fahrer aufs Polizeirevier zu einer Verwarnung mitzunehmen. Die Grenzen zwischen den Distrikten sind geschlossen. Das hat die Ausreise von Daphne direkt betroffen. Sie und ihre beiden Mit-Praktikanten, die im Kinderdorf „Sunrise“ waren, bekamen von den deutschen Behörden die Aufforderung, sich auf den Weg nach Chennai zu machen und dort mit anderen Deutschen in einem Hotel auf eine Nachricht über den Flug nach Deutschland zu warten. Aber wie nach Chennai kommen? Kein Zug, kein Bus, kein Taxi. Glücklicherweise haben die Schönstatt-Patres Nikolas und Stephan sie nach Viralimalai gebracht und wir haben dann mit einem Taxifahrer unseres Vertrauens eine Fahrt nach Chennai organisiert. Die Erlaubnis wurde von der höchsten indischen Behörde in unserem Distrikt erteilt. Mit einem Passierschein der deutschen Botschaft und mit anderen Papieren ging es dann auf Wunsch von Fahrer Antony ausgestattet mit Masken und Handschuhen vor 10 Tagen um 19 Uhr los. Es mussten 7 Distrikte durchfahren werden. Davor hatten die Fahrer Angst. An jeder Straßensperre reichte der Fahrer die Papiere aus dem Auto mit der Bemerkung, dass er Deutsche Touristen nach Chennai fahren müsse. Alle Polizisten haben sich sofort zwei Meter vom Auto entfernt, die Papiere nicht in die Hand genommen und das Auto durchgelassen. Es war nicht nötig darauf hinzuweisen, dass die jungen Leute schon seit August 2019 in Indien sind.

Angst vor Ausbreitung des Corona-Virus

Obwohl im Weltvergleich in Indien bislang nur wenige infizierte Menschen leben, besteht doch eine große Angst, dass der Virus sich ausbreitet, besonders wenn man an die Bevölkerungsdichte Indiens denkt. Es leben so viele Menschen auf der Straße und in Slums. Es macht uns jetzt schon große Sorgen, wie die Menschen, die einen kleinen Straßenladen haben und z.B. am Abend Tee verkaufen und kleine Snacks, diese 21 Tagen Ausgangssperre überleben.

In den Medien wird sicher von dem großen Treffen der Muslime berichtet, die die Anzahl der infizierten Menschen auch in Tamil Nadu erhöht haben. Verschwiegen wird in unseren Medien, dass der Staat eine Versammlung von Tausenden Hindus erlaubt hat. Wie viele Menschen sich dort infiziert haben, entzieht sich unserer Kenntnis.

Engagement in der Corona-Krise mit speziellen Projekten

Unsere Schneiderinnen haben seit dem 23. März bezahlten Urlaub. Doch seit gestern haben wir vier Mitarbeiterinnen einberufen, die Mund- und Nasenmasken nähen, da dies zurzeit ein hygienischer Artikel ist, der gebraucht wird.

Wir haben 30 Pakete gepackt mit 5kg Reis, Gewürzen, Zucker, Gemüse, Tee und Seife und diese zu Familien gebracht, die kein Einkommen haben. Die Polizei hat die jungen Leute beim Verteilen angehalten. Aber nach dem sie erklären konnten, warum sie auf der Straße sind, konnten sie unbehelligt weiterfahren.

80 % der Bevölkerung in unserem Ort, dazu zählen auch die Ehemänner unserer Näherinnen, sind Schreiner von Beruf und können zurzeit nicht zur Arbeit gehen. Keine Arbeit, kein Lohn, keine Nahrung. So gut es geht, unterstützen wir die Familien. Vor allem sind es die Witwen, die Hilfe brauchen. Da wir davon ausgehen müssen, dass nur wenige Personen eine Rente vom Staat bekommen, ist Hilfe notwendig.

Verzicht auf die Osterfeiern

Der Staat hat das Ausgangsverbot bis zum 14. April verlängert. Mit allen Christen in der Welt teilen auch wir das Leid, dass die Kirchen geschlossen sind, keine Gottesdienste stattfinden. Für die Christen in Indien, die das Drama lieben, sind die Kreuzweggebete, an Freitagen gebetet, ein Höhepunkt in der Fastenzeit. Auch darauf muss verzichtet werden.

Eigentlich sollte mein Flieger mich am 1. April nach Deutschland bringen, aber alle Flüge wurden gestrichen. Wie alle Deutschen hätte ich mich auf die Rückholliste einschreiben können, habe mich aber entschieden hier zu bleiben, denn wieder nach Indien zurück zu kommen, wäre dann so schnell kaum möglich gewesen. Es bleibt offen, wann der nächste Flieger mich in die alte Heimat bringt.

In der Hoffnung, dass „alles wieder gut wird“ und uns diese Situation etwas lehrt, beten wir füreinander. Besonders wünsche ich ein frohes und gesegnetes Osterfest in diesem Jahr in einer anderen Weise, aber dennoch herzlich miteinander verbunden.

Ich grüße Sie/Dich herzlich mit gefalteten Händen und sage „Vanakam“ oder „Namaste“

Gisela Häring

Mehr Informationen

  • Homepage: www.deepam-indien.de
  • Kontakt zu Gisela Häring: giselahaering2@gmail.com, Phone: 0091 4339 220 699, Skype: giselahaering
  • Spendenkonto: IBAN: DE19 3706 0193 3008 7480 11, BIC: GENODED1PAX, PAX Bank e.G., Stichwort: Projekt Gisela Häring

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