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20. Dezember 2019 | Deutschland | 

Revolution der zärtlichen Liebe – eine kühne Einladung von Papst Franziskus


Für Papst Franziskus ist das Thema Zärtlichkeit ein immer wiederkehrendes Motiv (Foto: pixabay)

Für Papst Franziskus ist das Thema Zärtlichkeit ein immer wiederkehrendes Motiv (Foto: pixabay)

Alicja Kostka. Weihnachten ist eine Zeit, in der wir erneut mit der zärtlichen Liebe Gottes konfrontiert werden. Sie kommt uns entgegen in einem Kind und möchte in jedem Menschen das Zarte wecken. Papst Franziskus scheint ein besonderes Gespür für diesen Vorgang zu haben, wenn er immer wieder Advent und Weihnachten mit Zärtlichkeit verbindet und den Christen mit seinen Beiträgen immer neue Aspekte dieser göttlichen Eigenschaft entschleiert.

Plakat (Grafik: Grabowska)

Plakat (Grafik: Grabowska)

Symposion an der PTHV, 1. Februar 2020

Unaufhörlich lädt der Papst zu einer „Revolution der zärtlichen Liebe“ ein, wie sie Maria im Bethlehem in Gang gesetzt hat. Maria verstand es, „mit ein paar ärmlichen Windeln und einer Fülle zärtlicher Liebe einen Tierstall in das Haus Jesu zu verwandeln.“ (Evangelii gaudium, Nr. 286). Gerade die Menschwerdung des Gottessohnes sieht Franziskus als Einladung Christi zur Revolution dieser Liebe (EG, Nr. 87). Was meint der Papst mit dieser Revolution? Er lässt dieses Thema nicht los, sondern betont immer neue Akzente und Aspekte dieser „Tugend der Starken“, wie er gerne sagt. Diesem Thema widmet sich am 1. Februar 2020 ein Symposion an der Philosophisch Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV).

Hüten verlangt, mit Zärtlichkeit gelebt zu werden

Es begann mit einer programmatischen Ansprache am Fest des hl. Josef am 19. März 2013. Das Hauptthema der Ansprache des Pastes: das Hüten als eine Berufung, die alle Menschen angeht. Der neu gewählte Papst krönt dieses Thema überraschend mit der Ermutigung zur Zärtlichkeit: „Das (...) Hüten verlangt Güte, es verlangt, mit Zärtlichkeit gelebt zu werden.“ Sechsmal erscheint dieses „neue Wort“ in der ersten Ansprache. Dabei verweist Franziskus auf den heiligen Josef, der als starker und mutiger Mann in den Evangelien erscheint, „aber in seinem Innern zeigt sich eine große Zärtlichkeit, die nicht etwa die Tugend des Schwachen ist, nein, im Gegenteil: Sie deutet auf eine Seelenstärke hin und auf die Fähigkeit zur Aufmerksamkeit, zum Mitleid, zu wahrer Öffnung für den anderen, zu Liebe.“ In dieser Haltung sieht sich Franziskus auch selbst. Und er ermutigt hier zum ersten, aber nicht zum letzten Mal: „Wir dürfen uns nicht fürchten vor Güte, vor Zärtlichkeit!“

Im Bethlehem entzündet sich der revolutionäre Funke der Zärtlichkeit Gottes

In Evangelii Gaudium proklamiert Franziskus, dass der Sohn Gottes uns „in seiner Inkarnation zur Revolution der zärtlichen Liebe eingeladen“ hat (EG, 87). Die Wertschätzung des Kleinen, des Unbedeutenden und gerade darin von Gott geliebt zu werden, klingt zunächst wie eine Umwertung aller Werte, die vor unseren Augen geschieht. Franziskus sieht sowohl die Tatsache des Kommens Gottes unter die Menschen als Ausdruck seiner Zärtlichkeit: Jesus sei ein „Geschenk der Liebe Gottes des Vaters, der ‚die Welt so sehr geliebt [hat], dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat‘ (Joh 3,16)“; wie auch die Art, wie dieses Kommen geschehen ist: in der äußersten Armut und Ablehnung. Im Segen Urbi et Orbi am 25.12.2017 greift er diesen Gedanken erneut auf in der für ihn üblichen Perspektive der Peripherie: „Und gerade dort, inmitten dieser Herausforderung, hat Maria uns den Immanuel geschenkt. Der Sohn Gottes musste in einem Stall zur Welt kommen, weil die Seinen keinen Platz für ihn hatten. ‚Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf‘ (Joh 1,11)“ – (...) „In dieser Stadt, die für den weit gereisten Fremden weder Raum noch Platz hat“ und wo „jeder nur auf sich bedacht ist“, gerade dort entzündet sich der „revolutionäre Funke der Zärtlichkeit Gottes“ (Christmette 2017). Bethlehem wird zum Lichtblick für jene, die Heimat und Träume verloren haben, so der Papst.

Gott tröstet mit Zärtlichkeit

Gerade Advent und Weihnachten sind Zeiten, in denen der Papst immer aufs Neue die Aufmerksamkeit auf die Zärtlichkeit lenkt. So verbindet er in diesem Jahr, im Blick auf den Propheten Jesaja die Zärtlichkeit mit dem Trost Gottes. Gott tröstet wie ein Hirte, der seine Lämmer auf seinen Arm nimmt, „an seiner Brust trägt er sie, die Mutterschafe führt er behutsam“. Darin sieht Franziskus „den Schritt der Zärtlichkeit“ und fragt die Gläubigen in der Predigt: „Könnt ihr euch das vorstellen? An der Brust des Herrn, nach einer Sünde?“ Und dann ergänzt er überraschend: „Der Herr führt sein Volk, der Herr korrigiert; ich würde auch sagen: Der Herr bestraft mit Zärtlichkeit. Die Zärtlichkeit Gottes, die Liebkosungen Gottes. Das ist keine pädagogische oder diplomatische Haltung Gottes, es kommt von innen heraus, es ist die Freude, die er hat, wenn sich ein Sünder nähert. Und diese Freude macht ihn zärtlich.” (1.Dez. 2019)

Im Advent 2017 greift Franziskus – ausgehend vom Propheten Jesaia (41, 13-20) und dem Psalm 145 – das Bild des Wiegenliedes auf: „Da wirkt unser Gott, als ob er uns ein Wiegenlied vorsingen wolle. Unser Gott kann das. Seine Zärtlichkeit ist so: Er ist Vater und Mutter. Oft hat er uns gesagt: ,Und selbst wenn dich deine eigene Mutter vergessen sollte – ich vergesse dich nicht.‘ Er führt uns in sich hinein. Er ist der Gott, der sich mit diesem Dialog klein macht, um uns verstehen zu lassen und Vertrauen zu ihm zu schaffen. So können wir mit dem Mut des Apostels Paulus sagen: ,Vater, Abba‘. Das ist die Zärtlichkeit Gottes.“ (14.12.2017).

Mit unverändertem Blick auf Maria wünscht er der Kirche einen marianischen Stil der missionarischen Tätigkeit: „(…) jedes Mal, wenn wir auf Maria schauen, glauben wir wieder an das Revolutionäre der Zärtlichkeit und der Liebe. An ihr sehen wir, dass die Demut und die Zärtlichkeit nicht Tugenden der Schwachen, sondern der Starken sind, die nicht andere schlecht zu behandeln brauchen, um sich wichtig zu fühlen.“ (EG, 288)

Plakatausschnitt (Grafik: Grabowska)

Plakatausschnitt (Grafik: Grabowska)

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