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5. Juni 2019 | Deutschland | 

Reinhold Nann: Kirche entsteht an Pfingsten – oder sie fährt gegen die Wand


(Foto: © pixabay.com | Alexas_Fotos)

Kommentar der Woche: Kirche entsteht an Pfingsten – oder sie fährt gegen die Wand

Bischof Reinhold Nann |
Caravelli · Peru (Foto: basis-online.net)

Bischof Reinhold Nann | Caravelli · Peru (Foto: basis-online.net)

05.06.2019

Reinhold Nann

Kirche entsteht an Pfingsten – oder sie fährt gegen die Wand

Jesus hat die Kirche nicht am Schreibtisch entworfen, er besaß vermutlich überhaupt keinen. Er hat kein Glaubensbekenntnis, keinen Katechismus und keine Statuten geschrieben. Ja, beim Gründungsakt war er physisch überhaupt nicht dabei. Das war an Pfingsten. Die Apostel und einige Frauen waren zum Gebet versammelt. Da kam eine Kraft vom Himmel, wie Feuerzungen. Da öffneten die Apostel die verschlossenen Türen, gingen hinaus und redeten über ihre Erfahrungen mit Jesus. Der Gekreuzigte lebte wieder. Er war spürbar lebendig in ihren begeisterten Reden. 

Die Leute waren so erstaunt über die geisterfüllten Apostel, dass sie fragten: „Was können wir tun?“ Die antworteten: „Glaubt an Jesus und lasst euch taufen“. Und so entstand die Kirche. Es war ein geistlicher Vorgang. Eine spürbare Veränderung der Menschen. Gibt es das heute noch?

Heute sitzen Bischöfe mit Organistionsberatern an Schreibtischen und Computern und versuchen, das langsame Absterben der Kirche aufzuhalten. Sie versuchen das weniger werdende Personal und Geld strategisch geschickt einzusetzen. Pastoralpläne werden entworfen, diskutiert und sind doch morgen schon Makulatur. Die Leute ziehen langsam aber sicher aus dieser Kirche aus. Kirche ist geist-los geworden.

Gibt es den Heiligen Geist überhaupt noch? Ja sicher. Es gibt Menschen, die erfahren ihn täglich. Menschen die gelitten haben, die am Ende waren, die alleine nicht mehr weiter kamen. Und die dann zu Gott geschrien haben: „Ich kann nicht mehr weiter. Ich bin am Untergehen. Hilf mir!“. Und Gott hat plötzlich in ihr Herz gesprochen: „Ich bin immer für Dich da. Lass Dich in meine Hände fallen“. Wenn Du beschliesst, nicht mehr nur Dir und Deinen Wünschen zu folgen, sondern wirklich nach Gott fragst und Dich von ihm leiten lässt, dann kannst Du Gottes Geist erfahren. Es ist wie beim Autofahren. Du kannst selbst steuern oder auf das Navi hören. Wenn Du Dich gut auskennst, brauchst Du kein Navi. Aber die Welt ist zu gross und zu unübersichtlich geworden. Irgendwann verfährst Du dich. Dann ist das Navi dran. Der Heilige Geist ist wie ein Navi, der dich sicher durch schwieriges Terrain führen kann. Und die Kirche braucht diesen Heiligen Geist. Wo wir nicht mehr nach ihm fragen, werden wir an die Wand oder in den Abgrund fahren. 

Die pfingstliche Kirche fragt nicht nach Strukturen. Sie braucht eigentlich keinen Pastoralplan, kein hauptamtliches Personal, keine Gebäude und kein Geld. Nur Menschen, die sich vom Heiligen Geist erfüllen und führen lassen. Menschen wie Du und ich. Menschen die ihr Herz öffnen. Menschen die nach mehr suchen in dieser technisierten und unmenschlichen Welt. Menschen die nach oben schauen und sich von der Kraft Gottes erfüllen und leiten lassen. 

Du kannst das jetzt ausprobieren. Schliesse Deine Augen und öffne Deine Hände. Höre in Dich hinein. Woran leidest Du? Was suchst Du? Sprich es einfach aus. Stell Dir vor, dass es jemand gibt, der Dich hört. Und dann höre genau hin. Höre ob in Deinem Herzen eine Antwort reift. Wenn es nicht klappen sollte, probier es ein andermal wieder, wenn Du noch ruhiger bist. Ich mache das auch so. Und meistens darf ich etwas spüren in mir. Der Geist Gottes ist immer schon da in mir, nur ich kann ihn nicht immer hören und spüren. Gib ihm Raum. Gib ihm Gelegenheit. Heute kann auch für Dich Pfingsten sein. Morgen kann auch für die Kirche wieder Pfingsten werden.

Bischof Reinhold Nann
Caravelli / Peru



Quelle: www.basis-online.net
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung


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