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10. Oktober 2018 | International | 

Josef Engling neu entdecken


Das neue Kreuz auf dem Todesacker von Josef Engling in Cambrai, Frankreich (Foto: Inge Wilhelm)

Das neue Kreuz auf dem Todesacker von Josef Engling in Cambrai, Frankreich (Foto: Inge Wilhelm)

Eine kleine Gruppe der Schönstätter Akademikerinnen verband die Teilnahme an den Feierlichkeiten zum 100. Todestag Josef Englings in Cambrai mit einer eigenen Tagung vor Ort. Inge Wilhelm berichtet vom Cambrai-Erlebnis der Gruppe.

Tagung der Schönstätter Akademikerinnen aus Anlass des 100. Todestages von Josef Engling in Cambrai

Das neue Kreuz auf dem Todesacker von Josef Engling in Cambrai, Frankreich (Foto: Inge Wilhelm)

Das neue Kreuz auf dem Todesacker von Josef Engling in Cambrai, Frankreich (Foto: Inge Wilhelm)

Die Kathedrale von Reims - eindrucksvolle Kulisse für die deutsch–französische Aussöhnung (Foto: Inge Wilhelm)

Die Kathedrale von Reims - eindrucksvolle Kulisse für die deutsch–französische Aussöhnung (Foto: Inge Wilhelm)

Inge Wilhelm. Ankommen in Cambrai: Saint-Hubert grau und verlassen an der Wegkreuzung, ein rostender Eisenbahnwagon daneben –  viele Erinnerungen machen sich dort fest: Kochen und Spülen hinter dem Haus, Kissenschlachten im Schlafsaal unter dem Dach – nostalgische Erinnerungen!

Und auf einmal die neuen Erfahrungen: Die Wiese vor dem Zentrum war zu einem großen Parkplatz umfunktioniert, ein großes Zelt vor dem Heiligtum, buntes Leben. Die Messen sind zweisprachig! Begeisterung kommt auf über die richtig gute Verpflegung und liebevolle Bewirtung durch die französische Schönstattfamilie und ihre Helfer. Ein quirliger ideenreicher Priester, Abbé Moura, und sein Helferteam bereiten den deutschen Pilgern einen warmherzigen begeisternden Empfang. Ja, Schönstatt in Cambrai ist französischer geworden!

Nach einem grausamen Krieg, der beide Nationen Hunderttausende Opfer gekostet und in Frankreich eine Spur entsetzlicher Zerstörung hinterlassen hat, erleben wir nun ein selbstverständliches Miteinander.

Reims - eindrucksvolle Kulisse für die deutsch–französische Aussöhnung

Auf dem Hinweg hatten wir mit unserer Gruppe Reims besucht. Die einzigartige Kathedrale ist wie kaum eine andere mit der Geschichte Frankreichs verbunden. Über Jahrhunderte hinweg war sie die Stätte der Salbung und Amtseinführung der französischen Könige. Im ersten Weltkrieg durch deutsche Granatenangriffe schwer beschädigt, weckten ihre Verwundungen Hass und Rachegefühle gegen Deutschland und schürten die anti-deutsche Propaganda. Und dennoch wurde sie am 8.Juli 1962  mit dem gemeinsamen Messbesuch Charles De Gaulles und Konrad Adenauers zur eindrucksvollen Kulisse für die deutsch–französische Aussöhnung.

Es war eine wunderbare Fügung der Vorsehung, dass das Grab Joseph Englings nicht so schnell gefunden wurde, so konnte Cambrai zur Begegnungsstätte von Franzosen und Deutschen werden, wie Erzbischof Zollitsch es in seiner Predigt hervorhob. Ein junger deutscher Seminarist und Soldat hat mit seinem Lebensopfer auch als Wegbereiter der Aussöhnung zwischen beiden Völkern gewirkt.

Was sagt uns Josef Engling heute?

Und was sagt uns Josef Engling heute? In einem Europa, das wieder dabei ist, sich zu entzweien und in fatale Nationalismen zurückzufallen?

Während die Mehrzahl der Pilger zur Lys unterwegs war, konnten wir das Zentrum fast für uns alleine nutzen, um in Vorträgen und einem regen Gedankenaustausch mit Pater Dr. Lothar Penners, Rottenburg-Liebfrauenhöhe, und Schwester Dr. M. Nurit Stosiek, Schönstatt, Vallendar, dieser Frage nachzugehen. Als kleine Gruppe auf dem Todesweg unterwegs blieben uns Zeit und Muße, um sie schweigend zu vertiefen.

  1. Wie es für Josef Engling der 1.Weltkrieg war, so ist die Zeit, in der wir leben, gleichsam der Weckruf, der uns zu Werktagsheiligkeit herausfordert. Heute sind es keine Granaten, die uns um die Ohren fliegen, sondern berufliche Überforderung, Kampf um einen Praktikumsplatz oder Mobbing durch Mitschüler/innen oder Kollegen. Alte Geister in neuer Verpackung bedrohen unseren gesellschaftlichen Frieden und erfordern von uns mutiges Eintreten für die Werte unserer Verfassung.
  2. Wir leben allzu oft in „Blasen“, in Echoräumen, die nur unsere eigenen Denkweisen reflektieren, die nur die „noch“ katholischen Zeitgenossen umschließen. Andere Einstellungen und Lebensweisen sehen wir allzu oft als Bedrohung. Joseph Engling macht uns vor, wie es ganz anders gehen kann: Er ging auf alle Kameraden zu, kümmerte sich um jeden, unabhängig von seiner Einstellung oder Lebensweise. So wurde er „allen alles“. Er lernte fremde Sprachen, die der Feinde, um sie besser zu verstehen.

Josef Engling, der widrige Lebensumstände als Angebot begriff, mit der Weihe an die Gottesmutter ernst zu machen,  der Neues an sich heran ließ  -  wahrlich kein  aus der Mode gekommener“ Typ“!!


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