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18. November 2017 | Worte des Bewegungsleiters | 

Erneuerung des ursprünglichen Geistes UND ein wirkliches Neuaufbauen


Jahresmotiv 2018 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: POS Brehm)

Jahresmotiv 2018 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: POS Brehm)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt–Bewegung,

Wenn ich mich an die (nicht ganz so positiven) Kommentare meiner Lehrer zu meiner Handschrift erinnere, habe ich gleichzeitig meine typischen Schulhefte vor Augen. Die erste Seite
– diese ganz besonders und auch noch die zweite und dritte – sind richtig schön geschrieben. Nicht ohne Mühe und ganz ansehnlich. Wenn man weiterblättert, wird die Schrift ungenauer und auch die Schreibfehler nehmen zu. Ein neues Heft, eine leere Seite: Ganz von selbst weckt der Neubeginn die Kraft, richtig gut anzufangen, ja sein Bestes zu geben. Mit der Zeit wird das anstrengend. Es braucht diese Energie des Neuanfangens in unserem Leben immer wieder. Das wissen wir: Das Zimmer, in dem ich lebe, Weiterbildungen für meinen Beruf, in Gewohnheit ermüdete Beziehungen … Informationen, Wissen und Ausdrucksweisen sind schnell so richtig von Vorgestern.

Auch da, wo es um meine Werte, um meinen ethischen Anspruch an mich selbst geht, braucht es Neuanfänge. Echte Neuanfänge. Ein Besinnungstag und eine Beichte sind immer ein Neuanfangs-Schubs. Gute Absichten und gutgemeinte Vorsätze wiederholen ja oft nur die längst eingeübten Muster. Die Veränderung, das Neue, das Bessere muss schon attraktiv sein, wenn eine Kraft in dieser Richtung wach werden soll.

Noch anspruchsvoller wird die Frage nach den Neuanfängen, wenn der Blick nicht mehr nur auf sich selbst und auf die eigenen Neuanfänge gerichtet ist. Die soziale und gemeinschaftliche Perspektive erleben wir an vielen Stellen.

Pater Kentenich schreibt (Foto: Archiv) Pater Kentenich schreibt (Foto: Archiv)

Pater Kentenich schreibt (Foto: Archiv)

Die Kirche sucht Ansatzpunkte für Neuanfänge

Die Entwicklungen in den Gemeinden und Diözesen zwingen zu Veränderungen. Manches Selbstverständliche geht einfach nicht weiter. Praktische Fragen müssen gelöst werden. Und viel tiefgreifender sucht die Kirche nach dem, was wohl Gott als Antwort auf die heutige Situation erwartet. In welche Richtung weist uns der Heilige Geist, und wie werden wir gemeinsam wach und aufmerksam für sein Wirken?

Wir spüren, dass die Pluralität der Religionen erst so langsam in ihrer Herausforderung bewusst wird, sowohl für die Glaubensgemeinschaften wie auch überhaupt in kultureller Hinsicht für unsere Gesellschaft als Ganze.

Die politischen Parteien wollen sich neu ausrichten

In den Analysen, Kommentaren und Konsequenzen zu den Ergebnissen der letzten Wahlen wird zwar vieles mit gekonntem Selbstbewusstsein vorgetragen. Man merkt jedoch, dass im Hintergrund echte Suchvorgänge über Identität und Zielvorstellungen der Parteien im Gange sind. Wie taktisch oder wie substanziell sind die Überzeugungen und politischen Ziele, die thematisiert werden? Gibt es für die notwendige Diskussion von konservativen und progressiven Anliegen in unserem Land Personen und Gesichter, denen man ihre Überzeugungen mit Respekt abnimmt – selbst wenn man andere Positionen vertritt? Glaubt man, dass hinter den Worten und Meinungen echte Anliegen und ein Mensch mit ernst zu nehmendem Charakter stehen?

Erneuerung ist ohne Hoffnung unmöglich

Entwicklung auf Zukunft hin braucht Zuversicht. Eltern wissen das genau. Wachstum hat viel damit zu tun, dass mir jemand Zuversicht vermittelt. Ich brauche jemand, der mir den Rücken stärkt, jemand, der an mich glaubt. Das beinhaltet auch Risiko. Vor Pädagogen spricht Pater Kentenich oft von „Vertrauenspädagogik“. Dieses Wort bringt genau das zum Ausdruck: Der Pädagoge will im anderen das Zutrauen in die eigenen Kräfte fördern. Der Pädagoge ist eben einer, der dem anderen zutraut, dass er das Zeug dazu hat, die konkreten Aufgaben und letztlich sein Leben zu meistern. Im Blick auf den Pädagogen benutzt Pater Kentenich schon mal das Wort „Risikopädagogik“, weil Vertrauen von dieser Seite oft auch ein Risiko ist und sich auch so anfühlt. Beim Zeltlager den Autoschlüssel an einen jugendlichen Fahrer zum Essenseinkauf weitergeben ist eben gleichzeitig Vertrauens- und Risikopädagogik.

„Ich verstehe darunter nicht nur eine Erneuerung des ursprünglichen Geistes, sondern auch einen wirklichen Neuaufbau Schönstatts“

Die verschiedenen Beispiele zur Notwendigkeit von Neuanfängen haben den Boden bereitet. Nicht nur unser persönliches Leben braucht immer wieder Erneuerung. Für das ganze Schönstatt in unserem Land geht es um die Schritte, die uns in die Zukunft führen. Für Pater Kentenich ist klar, dass jede Gemeinschaft und jede Bewegung nach Jahren der Ausgestaltung und Entwicklung echte Neugründungsvorgänge braucht. Dabei geht es ebenso um die Erneuerung des ursprünglichen Geistes, wie auch um wirklichen Neuaufbau und die Bereitschaft, Neues auszuprobieren.

In dem Brief an Pater Menningen schreibt Pater Kentenich davon, dass das damalige Marianische Jahr „sich als ein originelles Gründungsjahr in die Familiengeschichte einschreiben“ soll.

Eigenmächtig habe ich oben das Zitat auf das Pater-Kentenich-Jahr angewendet. Ich bin überzeugt, dass unser Gründer von uns in diesem Jahr im Blick auf seinen 50. Todestag einen solchen Zukunftsimpuls erwartet. Und wenn er das erwartet, dann wird er dieses Gründergeist-Jahr ganz sicher mit seinem Gebet und seinem Segen begleiten.

Vielleicht fängt ja der eine oder die andere mit Mut und schöner Schrift eine ganz neue Seite im eigenen Schönstattapostolat an.

Dazu Grüße und Segen vom Urheiligtum

Ihr

P. Ludwig Güthlein

Schönstatt-Bewegung Deutschland


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