Nachrichten

18. Juli 2017 | Worte des Bewegungsleiters | 

Die Nähe zu Jesus ist das Besondere, um das es geht


Jahresmotiv 2017 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Grabowska)

Jahresmotiv 2017 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Grabowska)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt–Bewegung!

Das Evangelium vom Festtag des heiligen Joachim und der heiligen Anna, der Eltern der Gottesmutter Maria, ist in diesem Monat die Anregung für diese Betrachtung. Viele Propheten hätten gerne den Messias gesehen. Jesus selber spricht es aus: „Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen …“

Die Nähe zu Jesus ist das Besondere, um das es geht. Und doch geht es nicht um die Nähe, die durch Verwandtschaft gegeben ist. Jesus erkennen und verstehen, dass der himmlische Vater ihn gesandt hat, daran entscheidet sich, was Jüngerschaft und Nachfolge ausmacht.

Biblische Begegnungen

„Amen, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.“

Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Jesus stieg deshalb in ein Boot und setzte sich; die Leute aber standen am Ufer. Und er sprach lange zu ihnen in Form von Gleichnissen. Er sagte: Ein Sämann ging aufs Feld, um zu säen.

Ein anderer Teil fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.

Da kamen die Jünger zu ihm und sagten: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen?

Er antwortete: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu erkennen; ihnen aber ist es nicht gegeben.

Ihr aber seid selig, denn eure Augen sehen und eure Ohren hören. Amen, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört..

Vgl. Mt 13,2-17 (26. Juli: Hl. Joachim und hl. Anna, Eltern der Gottesmutter Maria)

Es geht bei der Botschaft Jesu um eine Botschaft des Glaubens

Der obige Satz vom Sehen und Hören und vom Nicht-Sehen und Nicht-Hören ist Teil des Gesprächs Jesu mit seinen Jüngern über das Gleichnis vom Sämann und der reichen Fruchtbarkeit der Aussaat.

Immer wieder spricht Jesus durch Gleichnisse. Einerseits will er damit etwas verdeutlichen, andrerseits können die Gleichnisse Menschen auch abhalten, ihn zu verstehen. In den Bildern und Geschichten liegt eine eigene Kraft. Bis heute sind manche bekannt selbst bei Menschen, die kaum noch ein Mitleben mit der kirchlichen Verkündigung kennen.

Die Geschichte vom barmherzigen Samariter zum Beispiel. Und selbst wenn man die Geschichte nicht genau kennt, versteht man, wenn jemand als barmherziger Samariter bezeichnet wird. Jesus wird in eine Diskussion hineingezogen über das wichtigste göttliche Gebot. Als er die Liebe zu Gott und zum Nächsten als das Wichtigste benennt, muss ihm sein Gegenüber recht geben. Aber er führt die Diskussion weiter: „Wer ist denn nun mein Nächster?“ Und Jesus gibt als Antwort: „Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und fiel unter die Räuber …“ (LK 10,30)

Eine Geschichte, ein Gleichnis, das bis heute wirkt. Und es wirkt mehr als manche theologische Klärungsdiskussion.

Gleichnisse haben eine eigene Kraft. Seinen Jüngern und Freunden erklärt Jesus auch, dass die Gleichnisse herausfordern sollen, sich auf die tieferen Zusammenhänge einzulassen.

Die Worte und Gleichnisse und auch die Taten Jesu sind Ausdruck seiner Botschaft

Wie Jesus sich den Kindern zuwendet, wie er den Kranken begegnet und wie sie Heilung erfahren, wie er von der großen Barmherzigkeit des himmlischen Vaters spricht und die Vergebung der Sünden zuspricht: all das macht seine Erlösersendung deutlich.

Die neue Übersetzung der Evangelien spricht im Blick auf die Wunder Jesu deshalb von Machttaten. Hinter den Wundern soll die göttliche Macht, das göttliche Wirken erkannt werden.

Und die Botschaft und die Sendung Jesu ist noch umfassender zu verstehen. Die Worte, die Predigt, die Zeichen und Wunder sind Verkündigung des Evangeliums. Auch die Person und das ganze Leben Jesu selbst sind Evangelium. Zuallererst gilt dies von seinem Leiden, seinem Sterben und seiner Auferstehung. Darin liegen Kern und Vollendung seiner Sendung.

Je mehr wir Jesus selbst als die Offenbarung Gottes erkennen, umso mehr können wir auch staunen über die drei Jahrzehnte seines verborgenen Lebens in Nazareth. Es liegt eine eigene Aufwertung darin, dass das öffentliche Leben Jesu herauswächst aus einem langen, normalen Familien- und Arbeitsleben. In der Nachfolge Jesu werden auch Arbeit und Familie zur Berufung.

In der Geschichte Schönstatts steht der 16. Juli 1942 besonders für diese Berufung. Damals konnte Pater Kentenich einen doppelten Gründungsvorgang vollziehen. Ein Tag des Gedenkens findet dazu am 16. Juli 2017 in Dachau statt: 75 Jahre Schönstatt-Familienwerk, 75 Jahre Schönstatt-Institut Marienbrüder und 50 Jahre Begegnung mit Pater Josef Kentenich in der KZ-Gedenkstätte Dachau.

„Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen“

Was ist das Besondere, auf das Jesus selbst mit diesen Worten aufmerksam macht?

In seinem Buch „Jesus von Nazareth“ wächst für Benedikt XVI. ein grundlegendes Verständnis Jesu aus einem jüdischen Blick auf Jesus heraus. Manche seiner Überlegungen sind wie ein Gespräch mit dem jüdischen Theologen Jacob Neusner. Einerseits wird darin deutlich, wie in Jesus auf sehr gute Weise eine tiefe und zur Umkehr herausfordernde jüdische Predigt erlebbar wird. Andererseits wird auch zugespitzt deutlich, was in Jesus mehr ist, was Jesus dazugebracht hat. „Sich selbst“, sagt der jüdische Theologe. Jesus hat nicht nur über Gott geredet. Der Weg zu Gott schließt die Beziehung zu Jesus ein. An seiner Person scheiden sich bis heute die Geister.

Darin spitzt sich schon in seinem Leben alles zu. Welche Rolle spielt er selbst in der Botschaft, für die er lebt? Als Jesus von sich spricht als dem „lebendigen Brot, das vom Himmel herabgekommen ist“, ist die Reaktion seiner Zuhörer auch entsprechend. Für viele ist diese Rede „unerträglich“. Sie verlassen ihn. „Wollt auch ihr gehen?“ ist schließlich seine Frage an den Kreis seiner Vertrauten. Diese Stelle im Neuen Testament wird oft die „Galiläische Krise“ genannt. Beides ist für seine Zuhörer provozierend: der Inhalt seiner Botschaft und auch der Anspruch, mit dem er auftritt und sich selbst versteht.

Deshalb gehört auch beides für uns zu unserem christlichen Glauben: Der Botschaft und dem Beispiel Jesu nacheifern und auch an ihn glauben. Der Zugang zu Gott geht durch Jesus. Er ist Erfüllung der Verheißungen und auch die Bekräftigung dieser Verheißungen im Blick auf die ewige Vollendung. Es braucht die Grundintuition von dieser Besonderheit Jesu.

Wie bewusst oder wie anfanghaft diese Innenseite unseres persönlichen Glaubens auch sein mag, ist vielleicht nicht so wichtig. Jesus spricht von der Sehnsucht der Propheten, die eigentlich auf ihn gerichtet war. Etwas von dieser Sehnsucht, ihn noch besser zu sehen und zu erkennen, sollten wir in uns haben.

Pater Kentenich beschäftigte dieses Anliegen im Blick auf Gefangenschaft und Konzentrationslager und im Blick darauf, dass er vielleicht nicht lebend zurückkommen könnte. In einem Gebet richtet er deshalb die Bitte an Jesus: „… dann lass dich durch deine Mutter bewegen, ein anderes Werkzeug dafür zu erwählen. Ich will dann wenigstens im Hintergrund Gesundheit, Kraft und Leben dir schenken für dieses gotteswürdige Geschenk. Lass deine Familie nicht von schwereren Stürmen umtost werden, ehe sie dich besser kennt und liebt.”

Mit herzlichen Grüßen vom Urheiligtum
Ihr

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


Top