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30. März 2017 | Kommentar der Woche | 

Michael Maas: Ausgebrochene Krokodile


Kommentar der Woche (Grafik: POS, Brehm)

(Grafik: POS)

Glaube, der in der Welt stattfindet, das ist das Markenzeichen des Christentums.  "Und deshalb ist uns diese Welt nicht gleichgültig", schreibt Direktor Michael Maas, Leiter des Zentrums für Berufungspastoral, Freiburg, in seinem Kommentar der Woche bei basis-online.net. Fasten meine deshalb auch nicht nur Verzicht, "sondern sich neu auf Gott auszurichten und damit auch die Not der Welt in den Blick zu nehmen." Lesen Sie nachfolgend den neuen "Kommentar der Woche".

Dir. Michael Maas, Leiter des Zentrums für Berufungspastoral, Freiburg (Foto: Peter Cupec)

Dir. Michael Maas, Leiter des Zentrums für Berufungspastoral, Freiburg (Foto: Peter Cupec)

Michael Maas

Ausgebrochene Krokodile

Eine Meldung über Krokodile, die in einem Zoo ausbrechen konnten, weil der starke Regen den Wassergraben des Zoos überflutet hatte – das war lange Zeit das Einzige, was wir über die anhaltenden Unwetter in Peru hören konnten. Die eigentlich dramatische Nachricht hatte es schon schwerer. Weit über 100.000 Menschen haben das Dach über dem Kopf verloren. Zahlreiche Todesopfer sind zu beklagen. Straßen sind unterspült, die Infrastruktur kaputt.

Während Menschen starben, amüsierten oder schauderten wir uns an frei umher laufenden Krokodilen. Ich habe mich darüber ungemein geärgert. Vielleicht noch etwas mehr, weil ich selbst vor ein paar Jahren in Peru unterwegs war, die Schönheit des Landes mitbekommen hatte und zugleich die Einheimischen schon damals auf die Zerbrechlichkeit der Natur hingewiesen haben. Peru sei eines der Länder, das am meisten unter dem Klimawandel zu leiden habe, hieß es damals. Jetzt scheint das Ganze nochmals bedrohlicher zu sein.

Und wir? Wir kümmern uns um Krokodile. Man möchte ja unterhalten werden.

Es ist aber zugleich auch wieder einer der Momente, an dem mir klar wurde, wie wichtig unser christlicher Glaube ist, der weder an Landesgrenzen endet, noch die Realität ausblendet.

Die Erzdiözese Freiburg ist Partnerland von Peru. Und zahlreiche Gemeinden haben deshalb in diesen Tagen die Initiative ergriffen. Sie helfen ganz konkret. Und sie stehen den Menschen in Peru im Gebet bei. Sie sorgen dafür, dass das Thema nicht unter den Tisch fällt, sondern die Notlage der Peruaner gesehen wird.

Das Ganze findet mitten in der Fastenzeit statt, der Vorbereitungszeit auf Ostern. Wir hören in den Tagesgebeten der Liturgie momentan Sätze wie: „Wende unsere Herzen zu dir hin, damit wir das eine Notwendige suchen und dich in Werken der Liebe verherrlichen.“

Es wird deutlich: Das Christentum ist keine spiritualisierende Religion, bei der es für mich selbst darauf ankommt, eine höhere Erkenntnis- oder Heilsstufe zu erlangen. Es ist ein Glaube, der in der Welt stattfindet, in die sich Gott hinein begeben hat. Und deshalb ist uns diese Welt nicht gleichgültig. Fasten meint deshalb auch nicht nur Verzicht, sondern sich neu auf Gott auszurichten und damit auch die Not der Welt in den Blick zu nehmen. Zugleich nimmt der christliche Glaube den Menschen ganzheitlich wahr: Denn so wichtig die konkrete Unterstützung für die Bedürftigen ist, so bedeutsam ist es auch, darum zu wissen, dass wir das bleibende Heil in dieser Welt nicht herstellen können.

Deshalb gehört beides zusammen: die praktische Hilfeleistung genauso wie in der Verbundenheit im Gebet. Beides stärkt und gibt neue Kraft. Es geschieht ohne große mediale Begleitung, es gibt dabei ja auch keine ausgebrochenen Krokodile zu bestaunen. Aber es hilft – weit über die aktuelle Tagesbedrohung hinaus.

Direktor Michael Maas
Leiter des Zentrums für Berufungspastoral, Freiburg


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