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18. März 2017 | Worte des Bewegungsleiters | 

„Provocare“ heißt hervorrufen


Jahresmotiv 2017 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Grabowska)

Jahresmotiv 2017 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: Grabowska)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt–Bewegung!

Unser Jahresmotto weckt Zuversicht: „Er kam hinzu und ging mit ihnen.“ Wenn Jesus hinzukommt – daran erinnert uns das Wort – dann kommt mit ihm österliche Freude und Hoffnung. Vor der Erfahrung von Ostern und vor der Auferstehung stehen viele Begegnungen, in denen Jesus nicht nur aufmunternd, sondern wo er seinen Zuhörern sehr provozierend begegnet.

Empörung ist die Reaktion. „Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen“. Da ist ein Prediger, der mit seinen Worten und mit seinem Verhalten nicht nur die bösen Anderen herausfordert und korrigiert, sondern der sogar den Frommen und Gerechten eine Lehre erteilen will.

Provokation ist heute mediale Alltagskultur

Kaum eine politische Stellungnahme gibt es in den Nachrichten, in denen mit der Betonung der eigenen Meinung nicht gleichzeitig die Meinung anderer schlecht gemacht wird. Manchmal wundert es mich, wie man auch in kurzen Statements – die 140 Twitter-Zeichen reichen dafür völlig aus – fast in jedes Wort eine Verunglimpfung und einen Aufreger verpacken kann. Stimmung machen ist wichtiger als jeder Inhalt. Es weckt eine eigenartige Neugier, was wohl schon wieder an Neuem zu lesen ist. Und doch, so ist wenigstens meine persönliche Erfahrung, bleibt nichts inhaltlich übrig, wo ich eine neue Einsicht gewonnen hätte.

Auch Jesus provoziert. Immer wieder. In Wort und Tat. Aber mit Substanz. Als er auf einem Esel statt hoch zu Ross in Jerusalem einzieht, wissen die Bewohner, dass er die alten Propheten zitiert. Dort heißt es ja, dass so der Messias in seine Stadt einziehen wird. Man weiß das und doch glaubt man nicht mehr recht daran, dass das wirklich geschehen könnte. Jesus provoziert, um in der Tiefe der Herzen den verschütteten Glauben und die erloschene Sehnsucht wieder wach zu rufen.

Biblische Begegnungen -
„Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen.“ 

Alle Zöllner und Sünder kamen zu ihm, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen. Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte: Weiter sagte Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne.

Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf. Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen. Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land, und es ging ihm sehr schlecht. (…)

Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von weitem kommen, und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Da sagte der Sohn: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand, und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand, und zieht ihm Schuhe an. Bringt das Mastkalb her, und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wieder gefunden worden..

Vgl. Lk 15, 1-3.11-24 (18. März 2017: Samstag der 2. Woche der Fastenzeit)

„Provocare“ heißt hervorrufen

Die Provokationen wirken. Dabei scheint es so harmlos. Jesu ruft zur Umkehr und macht deutlich, dass Gott jeden Menschen (und jeden Sünder) heimkommen lassen möchte in seine Liebe. Eigentlich wünscht sich das ja jeder. Aber wenn es dann konkret wird und auch Menschen gemeint sind, die es nicht so ernst nehmen, deren Lebenswandel nun wirklich nicht passt, die nicht umsonst von den guten Menschen als Sünder betrachtet werden, dann geht es einfach zu weit.

Jesus will mehr als Stimmung. Es geht ihm um die tiefste Sehnsucht der Menschen und um die tiefste Wahrheit seiner Sendung. Die Antwort, die Jesus auf die Empörung der Pharisäer gibt, ist das Gleichnis vom barmherzigen Vater oder das Gleichnis vom verlorenen Sohn, wie es auch genannt wird.

Erst nach allen Verirrungen und Lieblosigkeiten des Sohnes gegenüber seinem Vater und nach dem niedergedrückten Heimkommen zum Vater, erkennt er, wie groß und von welcher Art die Liebe des Vaters ist zu ihm, seinem Sohn. Zu ihm, der selber gar nicht mehr glaubt, dass er es wert ist, Sohn zu heißen. Dieser Sprung, der die eigene Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit loslässt und wirklich an die Liebe des Vaters glaubt, für die er nichts tun muss, das ist der Kern von Jesu Predigt, wenn er von seinem himmlischen Vater spricht.

Und seine Zuhörer verstehen, was Jesus in ihnen wachrufen möchte: Wie schaut bei Euch dieser Sprung aus?

Wie schaut heute unser Vertrauenssprung aus?

Immer wieder und besonders im letzten Jahr haben wir das Wort von der unendlichen göttlichen Barmherzigkeit gehört. Alles, was es in meinem Leben gibt, hat Platz in seinem Herzen. Eigentlich stimmt unser Kopf ganz zu. Warum machen uns Spekulationen und Kommentare über die Zukunft trotzdem so schnell unruhig?

Glauben wir zwar, dass Gott barmherzig und nett ist, aber die Probleme von Gesellschaft und Politik sind zu kompliziert für ihn und damit lässt er uns allein? Welche Provokation müsste uns heute Jesus zumuten, damit unser Gottvertrauen eine echte und zeitüberwindende Verankerung in Gott ist?

Ich glaube, echte und gefühlte Unsicherheiten sind immer eine Einladung Gottes. P. Kentenich hat oft vom Glaubenssprung gesprochen. Verankerungssicherheit in Gott lernt man durch große und kleine Vertrauenssprünge. In einer schwierigen Situation sagt P. Kentenich einmal zu einem Mitbruder: „Ich weiß auch nicht wann und wie die Gottesmutter für diese Situation eine Lösung finden wird. Aber ich habe es hundert Mal erlebt, dass ihr das immer gelungen ist. Und so wird es auch jetzt sein“.

„Ganz Schönstatt betet“

Beim Blick auf das Jahr vor uns stand bei einer Besprechung auf einmal dieses Wort im Raum. Einmal im Jahr sollten wir uns alle gemeinsam als betende Schönstatt-Bewegung erleben. Dazu wollen wir in den Tagen vor Pfingsten ganz ausdrücklich einladen.

Die Umbrüche im kirchlichen Leben, die Bemühungen um die Einheit der Christen in diesem Jahr 2017, die Sorgen um die Zukunft Europas angesichts der kommenden Wahlen: alle großen Zukunftsfragen wollen wir hineinhalten in das Vertrauen auf Gott. Jeder kann sich beteiligen, alleine, als Gruppe oder als Initiative mit anderen in der Gemeinde. Mehr Informationen zum diesjährigen Pfingstgebet finden Sie auf Seite 9.

Das Fest des verlorenen Sohnes mit seinem Vater wurde nur Wirklichkeit, weil er sich auf den Weg gemacht hat heim in die Begegnung mit seinem Vater.

Mit herzlichen Grüßen vom Urheiligtum

Ihr

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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