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18. Juni 2015 | Kirche | 

Als Weihbischof auf dem Konzil – Tagebuchnotizen von Heinrich Tenhumberg erschienen


Konzilstagebuch Heinrich Tenhumberg (Aschendorff Verlag)

Konzilstagebuch Heinrich Tenhumberg (Aschendorff Verlag)

Hbre. Aus Anlass des 100. Geburtstages von Heinrich Tenhumberg und im 50. Jahr nach dem Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils veröffentlicht der Aschendorff Verlag in diesen Tagen das Buch „Heinrich Tenhumberg – Als Weihbischof auf dem Konzil“. Herausgeber des Buches, das die Tagebuchnotizen Tenhumbergs von 1962 bis 1965 editiert, ist Schönstatt-Pater Prof. Dr. Joachim Schmiedl, Vallendar. Heinrich Tenhumberg nahm als Weihbischof des Bistums Münster am Zweiten Vatikanischen Konzil teil. In seinen ausführlichen Tagebuchnotizen aus dieser Zeit begegnet dem Leser ein als wacher Beobachter und an der Zukunft der Kirche orientierter Denker, dem die Reform der Kirche, besonders der römischen Kurie, und die Sensibilität für die Zeichen der Zeit und die charismatischen Aufbrüche der Kirche ein besonderes Anliegen war. Einen großen Raum in Tenhumbergs Tagebuchnotizen nehmen die Verhandlungen für eine gute Lösung der Fragen um die Schönstatt-Bewegung und ihres Gründers Josef Kentenich ein. In diesem Buch werden wesentliche Teile des umfangreichen Tagebuchs zusammen mit den mündlichen und schriftlichen Beiträgen des damaligen Weihbischofs und späteren Bischofs von Münster zum Konzil publiziert.

Cover (Foto: Aschendorff Verlag)

TITEL (Foto: AUTOR)

Reflexionen über die Kirchenversammlung

Heinrich Tenhumberg, am 4. Juni 1915 geboren, war ab 1947 Mitglied im Schönstatt-Institut Diözesanpriester, wurde am 28. Mai 1958 von Papst Pius XII. zum Weihischof in Münster ernannt und empfing am 20. Juli 1958 die Bischofsweihe. Von 1962 bis 1965 nahm er an allen vier Sitzungsperioden des Zweiten Vatikanischen Konzils in Rom teil. Tenhumberg sei ein aufmerksamer Konzilsvater gewesen, stellt der Herausgeber der Tagebuchnotizen Joachim Schmiedl in der Einleitung des Buches fest. „Vom ersten bis zum letzten Tag reflektierte er die Kirchenversammlung in einem Tagebuch.“ Gleich zu Beginn wird deutlich, dass Tenhumberg die Gruppierungen unter den Konzilsvätern analysiert und Versuche einer Manipulation der Geschäftsordnung des Konzils sensibel wahrnimmt. In einer ersten, schriftlich eingereichten Wortmeldung plädiert Tenhumberg für eine Theologie der Charismen als Grundlage für das geweihte Leben. Später gelingt es ihm zusammen mit anderen, die Erweiterung der Möglichkeiten der religiösen Bindung an Gemeinschaften des geweihten Lebens in der Kirchenkonstitution zu verankern.

Sein eigentliches Konzilsthema aber ist die Reform der Kirche, eine Reform der Kurie. So beteiligte er sich auch an einer Petition zur Reform des Heiligen Offiziums. Mit seiner Forderung das Subsidiaritätsprinzip auf die Kurie anzuwenden spricht er ein bis heute aktuelles Thema an. Dass die Kurie, besonders das heilige Offizium, nicht nur negativ nach Irrtümern und Irrlehren forschen, sondern sich positiv der Förderung und Weckung des Glaubens zuwenden solle, ist Teil einer schriftlich eingereichten Stellungnahme, genauso wie sein Hinweis in diesem Zusammenhang, dass der Dialog mit der Welt eine wichtige Voraussetzung dafür sei.

Weiter beschäftigte sich Tenhumberg zusammen mit anderen mit der anthropologischen und pastoralen Bedeutung der Marienverehrung und freute sich zum Abschluss der dritten Session des Konziles über die Verleihung des Titels „Mutter der Kirche“ an die Gottesmutter Maria. In einer Wortmeldung regte er die Schaffung eines eigenen Laienrates an der römischen Kurie an und forderte, dass das Apostolat nicht nur auf die Hierarchie beschränkt bleiben dürfe und die Würde und Wertschätzung des ganzen Volkes Gottes zu berücksichtigen seien. In einer zweiten Wortmeldung zur späteren Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute regt Tenhumberg an, die Theologie über den Heiligen Geist zu erneuern, und - damit die Kirche die „Zeichen der Zeit“ zukünftig besser interpretieren könne – eine neue Hochschätzung der Charismen und Gaben im Volk Gottes zu fördern sowie einen neuen Stil der Wachsamkeit und des Urteilen zu pflegen.

Prof. Dr. Joachim Schmiedl, Vallendar (Foto: Brehm)

Prof. Dr. Joachim Schmiedl, Vallendar (Foto: Brehm)

Lösung der Fragen um die Schönstatt-Bewegung und ihren Gründer, Pater Josef Kentenich

Neben diesen und einigen weiteren Themen, für die sich der Münsteraner Weihbischof als Konzilsvater besonders einsetzte, nehmen Themen um die Lösung der Fragen um die Schönstatt-Bewegung und ihren Gründer, Pater Josef Kentenich im Konzilstagebuch Tenhumbergs einen breiten Raum ein. Der Herausgeber der Tagebuchnotizen, Pater Joachim Schmiedl stellt in einem kurzen Abschnitt der Einleitung diese „Fragen um Schönstatt“ komprimiert und spannend dar, was für das Verständnis der entsprechenden Tagebuchnotizen des späteren Bischofs von Münster ausgesprochen hilfreich ist. Dem Tagebuch ist dabei zu entnehmen, dass für Tenhumberg die Präsenz in Rom jeweils eine einmalige Gelegenheit darstellte, in verabredeten Audienzen oder gelegentlichen Besuchen bei der Religiosenkongregation und im Heiligen Offizium, besonders aber auch bei Gesprächen in den Bars, die in den Seitenschiffen von Sankt Peter eingerichtet wurden, die Schönstatt und Pater Kentenich betreffenden Fragen ins Gespräch zu bringen. Miterlebbar wird für den Leser auch, dass gerade in der Phase des größten Engagements Tenhumbergs beim Konzil, mit zwei Konzilsreden und einer Reihe bedeutsamer schriftlicher Stellungnahmen, wichtige Entscheidungen für die Schönstatt-Bewegung fallen. Spannend ist zu lesen, wie die vierte und letzte Konzilsperiode für Heinrich Tenhumberg, durch die gleichzeitige Anwesenheit des Schönstatt-Gründers Pater Josef Kentenich in Rom mitgeprägt ist. Die Trennung Schönstatts von den Pallottinern, die Fragen der Rehabilitierung Pater Kentenichs, die Feier des 80. Geburtstages Pater Kentenichs und seine Inkardinierung in die Diözese Münster, der Erwerb eines Grundstückes für ein zukünftiges Schönstatt-Heiligtum und ein Schönstatt-Zentrum in Rom – das waren Aktivitäten und Ereignisse, die Tenhumberg außerhalb der Konzilsaula beschäftigten.   

Leseprobe

Mittwoch, 8. Dezember 1965

Bischofsversammlung beim Zweiten Vatikanischen Konzil (Foto: Lothar Wolleh, CC BY-SA 3.0 Wikipedia)

Bischofsversammlung beim Zweiten Vatikanischen Konzil (Foto: Lothar Wolleh, CC BY-SA 3.0 Wikipedia)

So hatte denn heute das großartige Ereignis des Zweiten Vatikanischen Konzils sein Ende gefunden, um zugleich mit der Phase seiner Verwirklichung zu beginnen. Papst Paul VI. hat das Konzil, besonders in dieser Session, hervorragend an allen Klippen vorbeigesteuert und sich eine neue internationale Geltung erworben. Offensichtlich war die letzte Session des Konzils auch in besonderer Weise vom Beistand des Heiligen Geistes geleitet. Wie der Anfang des Konzils, stand auch das Ende unter dem besonderen Schutz der Gottesmutter. Man wird in späteren Jahren und Jahrzehnten einmal feststellen, dass die marianische Prägung des Konzils von einer außerordentlichen Tiefe und Eindringlichkeit gewesen ist. Oberflächliche Blicke mögen das heute noch nicht erkennen. Aber ohne diese marianische Prägung, ohne diese marianische Note, ohne diesen marianischen Akzent oder noch besser: ohne diese ganze umfassende marianische Spiritualität werden die normenden Entwicklungen der Kirche gar nicht begriffen werden können. Sie sind eben in den Dokumenten dieses Konzils, mehr noch in der ganzen Phase moderner Kirchengeschichte, durch den Heiligen Geist niedergelegt.

Umso bedeutsamer ist dann, wenn die Schönstattentwicklung so sichtbar der konziliaren Entwicklung parallel ging. So ist es gewiss auch mehr als ein Zufall, dass der Gründer Schönstatts ausgerechnet die letzte Phase des Konzils in Rom miterlebte und Schönstatt so seine besondere Sendung in der Verwirklichung der Konzilsanliegen sehen darf.

Zu den Geschenken der Gottesmutter gehört es sicher auch, dass die Kirche die Erneuerung der Kurie mit der Erneuerung des Heiligen Offiziums begonnen hat, dessen neues Statut gerade vorgestern verkündet wurde. Auch das fällt auf eine gewiß nicht zufällige Weise mit der Rehabilitierung von Herrn Pater Kentenich zusammen. Alles in allem also: Mater perfectam habuit et habebit curam.

ADVENIAT REGNUM TUUM.

(Die Mutter hat vollkommen gesorgt und wird sorgen. DEIN REICH KOMME.)

Daten zum Buch

  • Heinrich Tenhumberg - Als Weihbischof auf dem Konzil, Tagebuchnotizen
    Herg.: Joachim Schmiedl
    Aschendorff Verlag 2015
    ISBN 978-3-402-13114-5
    19.80€

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