Nachrichten

2. November 2010 | Deutschland | 

„Ich bin da“ – ein anderes Wort für Bündnis


Vierzig Jahre Heiligtum in Puffendorfmkf. „Dieses Schönstatt gefällt mir", sagt eine  junge Frau und schaut in den immer noch hellen Himmel hinter dem Heiligtum in Puffendorf. „Denn ich weiß, dass ich hier auch noch in 60 oder siebzig Jahren und vielleicht im Rollstuhl einen Platz habe." Um die siebenhundert Personen aus allen Generationen feierten am 31. Oktober vierzig Jahre Missio Patris-Heiligtum unter dem Motto: „Ich bin da". Und das ist nur ein anderes Wort für Bündnis - Bündnis mit Gott, Bündnis mit der Gottesmutter, Bündnis mit einem Ort, Bündnis mit der Gemeinde und der Pfarrei, Bündnis unter den Generationen.

Vierzig Jahre Heiligtum in Puffendorf

Bis kurz vor Beginn des Programms regnet es, und nicht gerade wenig. Zwar steht das große Festzelt vor dem Haus, in dem sicher alle Besucher Platz haben, aber für ein solches Fest, für das bunte Mittagsprogramm mit so vielen phanstasievoll vorbereiteten Ständen, für den Besuch vor allem im frisch renovierten Heiligtum braucht es anderes Wetter. Und gibt es anderes Wetter. Immer mehr hellt der Himmel auf, bis am frühen Nachmittag die Sonne durchbricht und dieser letzte Tag des Oktober ein warmer, goldener Herbsttag wird. Die Erleichterung und Freude steht allen Mitgestaltern des Tages ins Gesicht geschrieben.

Was für ein Wort: Ich bin da

Ich bin daWas für ein Wort ist das: Ich bin da. Stefan Gwildis singt es, und als Hit von Tokio Hotel beschreibt es die Sehnsucht einer ganzen Generation:

„ich will nicht stör'n und ich will auch nicht zu lange bleiben, ich bin nur hier um dir zu sagen: ich bin da, wenn du willst, schau dich um dann siehst du mich, ganz egal wo du bist, wenn du nach mir greifst, dann halt ich dich...
Wenn du die welt nicht mehr verstehst und jeder tag im nichts vergeht, wenn sich der sturm nicht mehr legt und du die nacht nicht mehr erträgst: ich bin da wenn du willst, ganz egal wo du bist, an deiner seite, nur eine weile ... schau in dich rein dann siehst du mich - ich bin da - wenn du nach mir greifst halt ich dich, ich bin da wenn du willst, ganz egal wo du bist an deiner seite nur eine weile, du bist nicht alleine, ich bin an deiner Seite."

Ich bin da: was für ein Name für was für einen Gott. Was für ein Name für ein Haus, aus dessen geöffneter Tür Maria den Menschen entgegenruft: Ich bin da! (Dechant Doncks). Und was für ein Wort im Mund von Menschen, die einander und ihrem Gott sagen: Ich bin da. Ich bin da wenn du willst...

Im Bündnis mit der Gemeinde

Interview mit Herrn Jansen und Herrn RungenEs ging um diese Erfahrung des Da-Seins Gottes im Leben, des Da-Seins Marias im Heiligtum und des Da-Seins ihrer Bündnispartner in der Feststunde am Morgen. Nach einer Choreographie, in der das „Ich bin da" Gottes in Wort und Geste buchstabiert wurde, ging es in einem Dialog zwischen der Glocke des Heiligtums und dem Schild „160 km bis zum Urheiligtum" um Maria und ihr „Da-Sein" im Heiligtum - im Urheiligtum in Schönstatt und in diesem Heiligtum in Puffendorf, so ganz ähnlich diesem Urheiligtum und doch einmalig unter den fast 200 Heiligtümern weltweit. Vor vierzig Jahren ist es hier mitten auf freiem Feld am Rand des kleinen Dorfes Puffendorf entstanden, und es hat, so Herr Jansen und Herr Rungen aus Puffendorf, immer dazu gehört: Feuerwehr und Schützen waren bei den großen Festen zu Stelle (auch an diesem!), Goldhochzeiten, Taufen und Hochzeiten werden im Heiligtum gefeiert, die Dorfgemeinschaft war immer beteiligt - seit dem Golfkrieg findet jeden Monat eine Betstunde der Gemeinde im Heiligtum statt. Ein Heiligtum im Bündnis der Gemeinde. Das wird auch später bei den Grußworten von Ortsvorsteher Markenstein und der Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates St. Laurentius Puffendorf, Birgit Kremer-Hodock, deutlich: ein Heiligtum steht hier, das fest verbunden ist mit der politischen und kirchlichen Gemeinde. Das betont auch der stellvertretende Bürgermeister, Herr Burggraph, in seinem Grußwort am Nachmittag.

Und ein Heiligtum - so berichten Doris Conzen, Liesel Houx und Gisela Kox, die damals mitgebaut haben und heute Heiligtum und Zentrum verantwortlich mit durchtragen - dessen Bau die Schönstattfamilie des Bistums geeint und zur Mitarbeit motiviert hat. So wie dieses Fest, hinter dem so viele mit so viel Einsatz stehen. Und dazu gehört auch die Bereitschaft der jungen Familien, die Älteren mit dem Auto zu diesem Fest zu bringen...

Wir sind da!

Wir sind daDas „Ich bin da" der Gottesmutter Maria weckt das „Ich bin da" der Menschen. In sechs kurzen Zeugnissen werden Facetten dieses menschlichen Mitwirkens für das Heiligtum deutlich. Da erzählt Resi Wilenberg, die heute im Rollstuhl sitzt, wie sie Maria wirklich als Mutter erlebt, und Clemens Körner, wie er und seine Frau seit 35 Jahren einmal im Monat zum Heiligtum pilgern und zu Hause schon auf Zettel schreiben, was sie der Gottesmutter in den Krug legen wollen. Doris Conzen berichtet davon, wie die verschiedenen Gliederungen und Gemeinschaften sich je an einem Tag geistig im Heiligtum einfinden: Wir sind da! Wir sind da sagen auch einige Männer, die sich samstags Zeit nehmen, um die Anlagen in Ordnung zu halten, „damit die ältere Generation, die das alles hier aufgebaut hat, aber auch alle anderen Besucher, es hier schön vorfinden." Claudia Cüsters-Weiger (Schönstatt-Bewegung Frauen und Mütter) setzt sich mit einer Gruppe von Frauen, die sich Monat für Monat hier trifft, ein für offene Angebote am Heiligtum, damit alle Frauen hier Kraft finden können. Katrin Hensgens und Maria Weller aus der SchönstattMJF waren mit einer ganzen Gruppe schon seit Samstag hier und haben sich überlegt, warum sie froh sind, dass es das Heiligtum gibt. Und sie teilen nicht nur einiges von dem, was sie gefunden haben, sondern laden die Teilnehmer ein, nachher an ihrem Stand selber aufzuschreiben, was das Heiligtum ihnen bedeutet!

Um die Gegenwart Gottes

Grußwort von P. Dr. Lothar PennersPater Dr. Lothar Penners, Leiter der Schönstatt-Bewegung, der eigens zum Jubiläum gekommen ist, gratuliert der Aachener Schönstattfamilie zur Spannweite dieser Feststunde. Es gehe heute um die Gegenwart Gottes in der Welt, so Pater Penners in seinem Grußwort, um den Glauben des Alltags und die gemeinsame Erfahrung Gottes als Gott des Lebens, die wir weitertragen. Er gratuliert besonders zu der „Beherztheit, mit der Sie die veränderte Situation am Zentrum gemeistert haben". Nachdem die Marienschwestern sich dort vor zwei Jahren zurückgezogen hatten, haben Laien die Leitung und Betreuung des Zentrums in die Hand genommen. Damit, so der Bewegungsleiter, leiste die Schönstattfamilie Aachen Pionier- und Modellarbeit für eine veränderte Situation in der Kirche, die immer mehr auf das Reservoir der Laien zurückgreifen müsse und dürfe.

Dürfen wir da spielen?

Segen am Heiligtum: Weihbischof BorschDie Zeit zwischen Feststunde und Festgottesdienst ist großzügig bemessen, und das tut gut. Die Malteser sorgen für Gulaschsuppe und Brötchen, das Kuchenbuffet ist so reichhaltig, dass der Ruf von Paul Gausling: „Es ist noch Kuchen da!" schon Kultstatus bekommt. Weihbischof Borsch, der schon seit dem Morgen in Puffendorf ist, erteilt zusammen mit anderen Priestern vor dem Heiligtum den Segen - die langen Schlangen sprechen für sich. Davor und danach werden Kerzchen angesteckt. Volksfrömmigkeit, oft das Letzte, was vom aktiven Vollzug des Glaubens noch bleibt - oder das Erste, an dem Neuevangelisierung ansetzt. „Manchmal stehen die Kerzen sogar auf den Fensterbänken", so Gertrud Gausling, „dass man fast Angst kriegt, es könnte brennen. Aber für unser Volk ist das so wichtig." Immer sind Beter im Heiligtum.

Rundherum im weiten Gelände gibt es Zelte mit Spielen für die Kinder, allerlei Schönes zum Kaufen, zum Anschauen, zum Mitmachen. Der Bläserkreis Heinsberg spielt eine ganze Stunde lang dazu. Sie hatten die Einladung zum Fest bekommen wie alle Gruppen, die einmal im Zentrum gewohnt hatten - und gleich angefragt, ob sie denn dann auch spielen könnten.

Es ist an der Zeit

FestgottesdienstIn der vom Jungen Chor St. Petrus Baesweiler unter der Leitung von Josef Pfaffen und dem Bläserkreis Heinsberg musikalisch gestalteten Festmesse griff Weihbischof Karl Borsch das Thema des Tages auf. Die „Ich-bin-da"-Erfahrung des Volkes Israel sei verbunden mit dem Exodus-Weg durch die Wüste, ein Weg, den auch die Kirche heute gehe. Strukturen lösten sich aus, Glaube und Religion bestimmen immer weniger das Leben der Einzelnen. In den vierzig Jahren, seit dieses Heiligtum hier stehe, habe Gott der Kirche viel zugemutet. Doch genau in diese Situation hinein gelte Gottes „Ich bin da." Zum Aufbruch in das neue Land gehörten Angst und Unsicherheit; doch es gelte, die Angst zu überwinden durch Vertrauen in den, der sagt: Ich bin da. Gott habe uns in diese Zeit hineingestellt, und darum, so Weihbischof Borsch, sei es eine gute Zeit, und es gelte zu fragen: Was ist an der Zeit?

Drei Imperative stellte der Weihbischof auf:

1) Es ist Zeit zur Entscheidung von innen her: Glauben lerne man nicht zuerst aus Büchern, sondern von glaubwürdigen Menschen. Wir brauchten Menschen, die von ihrem Glauben erzählen und Orte, an denen man dies lernen könne, Orte wie dieses Heiligtum, Lernorte des Glaubens.
2) Es ist Zeit, hinauszukommen über das Fragen nach Institutionen und dem Kreisen um uns selbst: die Kirche hängt nicht am Geld. Das Problem der Kirche ist die Gottesmüdigkeit. Wo wir einen Gott vermitteln, der weder zum Fürchten noch zum Verlieben ist, herrscht Müdigkeit. Gefragt ist das Zeugnis vom lebendigen Gott, es braucht Leidenschaft für Gott und den Menschen.
3) Es ist Zeit zum Blick auf Maria. Mit ihrer ganzen Existenz weist Maria auf Jesus Christus hin, die Mitte, um die sich alles dreht. Seit vierzig Jahren tue sie das hier, und das sei Grund zum Feiern und zum Danken.

Ein großer Kreis ums Heiligtum

Gebet im HeiligtumNach der heiligen Messe ziehen alle in Prozession zum Heiligtum - Schützen und Fahnen voraus, die Priester mit dem Weihbischof am Schluss. Es bildet sich ein weiter Kreis ums Heiligtum, während Weihbischof Borsch im Heiligtum betet. Die vielen im Lauf des Tages geschriebenen und in die Krüge gelegten Zettel werden im Feuerbecken auf der Wiese vor dem Heiligtum verbrannt, und dann kommt noch ein kleiner aber sinnreicher Akt: Vor dem Heiligtum wird das Schild angebracht, das hinweist auf das Urheiligtum, ein Schritt hin auf 2014, auf die Vernetzung der Heiligtümer mit dem Urheiligtum, das 160 km nah von hier steht... und diesem Heiligtum in Puffendorf sagt: Ich bin da.

Audio: Predigt von Weihbischof Karl Borsch

Fotoalbum


Top