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16. April 2010 | Was bewegt | 

Die priesterliche Sendung Josef Kentenichs


Buntstifte in verschiedenen FarbenPfr. Wolfgang Müller. Was hat sich der liebe Gott eigentlich gedacht, als er das Weltall in seiner unendlichen Vielfalt ins Dasein gerufen hat? Und erst recht den Menschen „als sein Abbild" (Gen. 1,27)? Weil dieser Gott in seinem Wesen unendlich ist, hat er auch diesem seinem Abbild eine unendliche Vielfalt eingeprägt. Wenn schon die Vielfalt alles Lebendigen in der Natur unendlichen Charakter hat, dann erst recht der Mensch. Jeder Mensch ein eigener Strahl aus der Unendlichkeit Gottes. In Schönstatt heißt das: Persönliches Ideal. Das Sein ist die Grundlage des Handelns, meinte schon der hl. Thomas von Aquin. Jeder Mensch hat auf Grund seiner Einmaligkeit eine einmalige Sendung in diese Welt hinein. Auf die Frage „Was ist der Mensch?" gibt Psalm 8,6 die schockierende Antwort: „Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt."

Oder um mit dem mittelalterlichen Theologen Duns Scotus zu sprechen: Weil Gott in seinem tiefsten Sein Liebe und nur Liebe ist (vgl. 1 Joh. 4,16), hat er sich in seiner Schöpfung con-diligentes, d. h. Mitliebende geschaffen. Er wollte gleichsam nicht allein lieben. Und er wollte, dass seine Schöpfung als ein einziges großes „Flammenmeer (der Liebe) brennt zu des Dreifaltigen Ehr" (Himmelwärts 131). Und seine Lieblingsgeschöpfe sollen zusammen zu einer großen Menschheitsfamilie werden. Pater Kentenich spricht daher vom „Weltgrundgesetz der Liebe". Und deswegen seine große Sehnsucht, die er über sein Priestertum als Programm schreibt, dass „alle Geister in der Wahrheit und alle Herzen in der Liebe sich einigen".

Die Mithilfe an der Verwirklichung dieser Menschheitsfamilie ist Schönstatt also in die Wiege gelegt. Gott aber „lässt sich Zeit". Zunächst schließt er mit den ersten Menschen einen „paradiesischen" Vertrag, dann, nach dem großen Neuanfang durch die Sintflut, einen Bund mit den Menschen und mit der ganzen Schöpfung, „mit allen Lebewesen"(Gen 9,10). Diesen Bund konkretisiert er mit der Gemeinschaft des von ihm auserwählten Volkes, vertreten durch Abraham, Mose und vielen anderen. Und es wird immer deutlicher: Dieser Bund zwischen dem unendlichen (und damit unbegreiflichen) Gott ist ein Bund der Liebe und der Treue. Und dieser Bund wird schließlich in einem Neuansatz vertieft, in der Menschwerdung seines Sohnes, der seine letzte Tiefendimension erhält im „Blut des Neuen und ewigen Bundes, das für euch und für die vielen vergossen wird" (vgl. Mt 26,27 und die Deutung im eucharistischen Einsetzungsbericht). Der Bund der Taufe wird schließlich zum Zeichen des neuen universellen Bundesvolkes.

Ökumenisch denken

Aber Gott setzt immer wieder neu an. Der Bundesschluss vom 18. Oktober 1914 ist eine neue Konkretisierung dieses Bündnisses, dass Gott durch die Mutter seines Sohnes in neuer Weise mit geringfügigen Werkzeugen verwirklichen will.

Jede Generation, so hat es Josef Kentenich oft gesagt, soll Schönstatt neu gründen, „die Hand am Puls der Zeit", in der der lebendige Gott zu uns spricht. Er spricht in vielfacher Weise zu uns: in der Heiligen Schrift, in unserer Zeit ganz besonders durch den „Neuaufbruch im Denken, Leben und Lieben" im II. Vatikanischen Konzil, durch das nachkonziliare Kirchenbild, das - wie Josef Kentenich es nicht nur zum Abschluss des Konzils, sondern auch bei vielen anderen Gelegenheit betont hat - mit dem vorkonziliaren Kirchenbild Schönstatts identisch ist und dessen Verwirklichung durch Schönstatt er Papst Paul VI. bei seiner Audienz am 22. Dezember 1965 ausdrücklich versprochen hat.

Plakat Ökumenischer KirchentagGott spricht auch zu uns durch die in vielen Völkern und Religionsgemeinschaften neu aufgebrochene Sehnsucht nach Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit, wie sie nach dem 2. Weltkrieg sich politisch in Europa abzeichnet unddurch das Wunder der politischen Wende 1989 gleichsam von ihm bestätigt worden ist. Jedem Einsichtigen ist klar, dass dieses Ziel Gottes nur verwirklicht werden kann, wenn die in den Taufbund Berufenen zueinander finden, „damit die Welt glaubt" (Joh. 17,21). Und das ist ohne ökumenisches „Denken, Leben und Lieben" nicht möglich.

Erster Teil einer Serie von Pfr. Wolfang Müller zur Vorbereitung auf den Ökumenischen Kirchentag und die Hundertjahrfeier der Priesterweihe Pater Kentenichs

 


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