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12. April 2010 | International | 

Nur sechs Flugstunden


Ostersonntag 2010  in Ibadan, NigeriaNIGERIA, Dr. Agathe Hug. Auf dem gleichen Längengrad wie Schönstatt, sechs Flugstunden südlich und wieder 2,5 Autostunden nördlich wächst eine kleine, aber sicherlich feine Schönstattfamilie heran. Harter Kern sind die Schönstatt-Patres, allen voran Pater Alfred Kistler (ursprünglich Schweiz), der zusammen mit Pater Klaus Desch (ursprünglich Deutschland) vor fast 13 Jahren nach Nigeria kam. Seit 10 Monaten werden sie von Pater Andrés Rodríguez aus Argentinien unterstützt und die Mannschaft auf dem Feld (um beim Bild der WM 2014 zu bleiben) bilden 12 nigerianische Patres, die allerdings nicht alle in Nigeria im Einsatz sind. Manche von ihnen kann man auch in Deutschland als Kaplan in einer Pfarrei antreffen.

Pro Victoria Matri

Ostern am HeiligtumDer beheimatende Mittelpunkt ist das „Pro Victoria Matri Heiligtum" in Ijokodo, einem Stadtteil von Ibadan, einer Stadt mit mehreren Millionen Einwohnern, eben 2,5 Autostunden nördlich von Lagos. Die Stadt wächst sehr sehr rasch und man weiß nicht so wirklich, wie viele Millionen Menschen in den meist 2- oder 3-stöckigen Häusern neben kleinen einstöckigen Hütten leben, die dicht an dicht nebeneinander stehen und kaum Raum lassen für schmale Straßen und Fußwege sowie tiefe Gräben an der Straße entlang, die sowohl das Regenwasser aufnehmen, wenn es heftig regnet, als auch gleichzeitig als Kanalisation dienen.

Das Gelände um das Heiligtum herum ist nicht sehr groß, oder auch sehr groß, je nachdem von welchem Standpunkt aus man es betrachtet. Inmitten des Häusermeeres ist es eher eine große Oase, verglichen mit manchen anderen Plätzen um Heiligtümer herum ist es eher eine kleine Oase - aber eine Oase ist es in jedem Fall. Neben dem Heiligtum gibt es ein größeres Haus für das Noviziat und für die Philosophie-Studenten und ein kleineres Haus, in dem aktuell das Terziat der Patres wohnt. Bevor das Gelände in den Besitz der Schönstatt-Patres kam, gehörte es einem selbsternannten Bischof einer Kirche, wie es Tausende gibt in diesem Land, in dem sonntags jeder in irgend eine Kirche geht. Die Betonung liegt auf „irgend eine". Von der großen Kathedrale, die auf dem Gelände stand, sind noch die Fundamente zu sehen. Drei chilenische Volontäre, die derzeit in Nigeria sind, um mitzuhelfen, in Nigeria Schönstatt aufzubauen, versuchen zusammen mit Jugendlichen hier einen Fußballplatz zu bauen. Man fragt sich also, wie Schönstatt wachsen kann in einer Umgebung, wo das Angebot an Spiritualität geradezu inflatorisch ist. Aber es geht. Die Gottesmutter erobert sich langsam langsam ein Herz nach dem anderen. Es gibt inzwischen mehrere Kreise der Pilgernden Gottesmutter und auch schon Mütter, die sich in Gruppen zusammentun.

Ostern 2010

P. Andrés Rodriguez mit NovizenIm Oktober 2009 feierte die Schönstattfamilie das 5-jährige Bestehen des Heiligtums mit mehreren hundert Menschen. Jetzt, an Ostern 2010 ist es dagegen eine kleine Gemeinde, die sich zu den liturgischen Feiern mit den Patres in deren Hauskapelle bzw. in den Fluren vor der Hauskapelle zusammenfindet. Aber es ist eine ganz junge Gemeinde und man könnte durchaus auf die Idee kommen, dass die Patres auf Dauer eine Kirche brauchen. Viele Kinder, vom Säugling bis zum Jugendlichen mit ihren jungen Eltern, prägen das Bild und machen jeden Gottesdienst auf ihre Weise lebendig. Eine Gruppe Jungen nehmen die Trommeln und Rhythmusinstrumente in Beschlag und begleiten die Gesänge ganz gekonnt. Es liegt ihnen im Blut. Neben den genannten Patres sind von den angehenden Patres nur wenige da, denn auch in Nigeria sind Osterferien und so sind die Philosophie-Studenten zu Hause. Fünf angehende Patres sind im Terziat, begleitet von Pater Peter Locher, der also derzeit das vierte hellhäutige Patres-Gesicht ist. Sie kommen Ende August für ihre Sionszeit nach Schönstatt und werden am 4. September in der Anbetungskirche auf Berg Schönstatt zu Diakonen geweiht. Noch vor Jahresende werden sie in Nigeria die Priesterweihe empfangen.

EmmausgangAm Karfreitag beten die Patres zusammen mit allen, die aus der näheren oder weiteren Nachbarschaft gekommen sind, auf dem Platz vor dem Heiligtum den Kreuzweg. Als Text benutzen sie die Texte aus Himmelwärts. Es ist - jedenfalls für uns Besucherinnen - eine eigenartige Atmosphäre: Gleißende Sonne, heiß, Texte vom Himmelwärts-Kreuzweg - und von den umgebenden Kirchen tönt es von der einen Seite blechern überlaut über Lautsprecher in einer nicht enden wollenden Schleife: Halleluja - Glory to the Lord! Und von der anderen Seite: Praise to the Lord. Vor dem Tor draußen rattert wie immer der Verkehr. Und weit in der Ferne hört man den Muezzin die Muslime zu ihrer Gebetszeit rufen. Karfreitagsruhe herrscht lediglich in der kleinen Oase um das Heiligtum.

Die Karfreitagsliturgie um 17 Uhr findet in der Hauskapelle statt. Hauptzelebrant ist Pater Klaus Desch. In der Hauskapelle hört man die Nachbargeräusche nicht ganz so störend laut und man kann die großen Fürbitten der Kirche auch mitbeten ohne durch Halleluja in innerseelische Konflikte zu geraten. Vielleicht ist aber auch nur gerade der Strom mal wieder weg und deswegen sind die Lautsprecher still.

Kreuzweg aus HimmelwärtsDer Karfreitagssturm, von dem wir in der Bibel lesen können, war schon am Gründonnerstag während der Liturgie eingetroffen. Hauptzelebrant war hier Pater Peter Locher. Der mit dem Sturm verbundene Wind pfiff während der Predigt durch die Hauskapelle und Pater Andrés Rodríguez musste sich als Festhalter des Wandteppichs betätigen - aber der mit dem Sturm verbundene Regen bringt ein bisschen Abkühlung für die Nacht. Das Allerheiligste wird nach der Gründonnerstagsliturgie zur Anbetung ins Heiligtum gebracht. Und wie fast überall auf der Welt sind wir nach der Liturgie zur Agape mit Fladenbrot, Fleisch und Rotwein eingeladen.

Halleluja!

Die Osternachtsfeier beginnt um 21.45 Uhr wie überall auf der Welt mit dem Osterfeuer und der Segnung der Osterkerze vor dem Heiligtum. Pater Alfred Kistler ist Hauptzelebrant. Auch ein Erlebnis. Es hat sicherlich noch ca. 30 Grad - und dann ein Feuer. Es gibt auch Kerzen. Sie biegen sich fast in der Hand und nach dem Einzug mit der Osterkerze in die Hauskapelle werden die Kerzen immer wieder von den Ventilatoren an der Decke ausgeblasen. Wieder sind die vielen Kinder dabei. Ein etwas größeres Sprechzimmer gegenüber der Hauskapelle wird zum Schlafraum für die Kinder erkoren. Wenn sie auf dem Arm des Vaters oder der Mutter eingeschlafen sind, werden sie hier abgelegt. Wenn sie aufwachen, findet sich immer jemand, der die Kinder zu den entsprechenden Eltern bringt. Man kennt sich und jeder und jede weiß, zu welchen Eltern welches Kind gehört. Die Lesungen der Osternacht dauern auch in Nigeria lange. Aber beim Gloria mit allen Trommeln und Rhythmusinstrumenten und Klatschen sind alle - bis auf die ganz Kleinen - wieder wach.

Nach Ende der Osternachtsfeier um 0.35 Uhr ist großes „Happy Easter" und es gibt noch einen Umtrunk, der einen ziemlichen Teil der Osternacht in Anspruch nimmt.

Doch zum Festgottesdienst am Ostersonntagmorgen sind alle wieder da. Pater Andrés Rodríguez ist Hauptzelebrant. Es gibt viel Rhythmus und Bewegung. Noch hat die Schönstattfamilie keinen Chor - aber was ist, das kann ja noch werden und einstweilen können sie auch ohne Chor zusammen mit vielstimmigen Gesängen einen Festgottesdienst gestalten. Die Lieder sind entweder in englisch, oder aber auch in der Landessprache. Und was auffällt: Noch können alle auch Latein. Sie bekommen auch noch alle das „Vater unser" auf Latein hin, abgesehen von den lateinischen Antwortgesängen. Wir von schoenstatt-tv hätten gerne diesen Gottesdienst über schoenstatt-tv übertragen, aber das Internet ist nicht schnell genug.

Gottesdienste in Nigeria dauern eigentlich lang. Dass es bei den Schönstatt-Patres etwas kürzer ist, liegt daran, dass sie auf den ersten Opfergang zur Opferung, bei dem alle Gottesdienstbesucher geordnet vor den Altar ziehen, und auch auf den zweiten Opfergang am Ende der Hl. Messe verzichten - was in der dann doch deutlich zu kleinen Hauskapelle einfach auch schwierig wäre.

Die Zukunft Schönstatts ist (auch) schwarz

Am Ostermontag kommen die neuen angehenden Kandidaten für die Schönstatt-Patres. Noch gibt es in Nigeria viele geistliche Berufe. Ungefähr 200 Bewerbungen sind im Laufe des Jahres eingegangen. Von diesen werden ungefähr 20 für einige Tage zum Heiligtum eingeladen. Sie kommen am Ostermontag, weil im Haus in der Osterwoche wegen der Ferien Platz ist. Sie werden die Woche in drei Gruppen zubringen, begleitet von älteren Studenten, und verschiedene Aufgaben bekommen. Am Ende werden 10 ausgewählt, die sich auf den Weg machen dürfen in die Gemeinschaft der Schönstatt-Patres. Es ist sicherlich kein leichter Weg, der da vor ihnen liegt, hinein in eine so ganz andere Spiritualität, hinein in eine Schönstatt-Welt, die darauf abzielt, dass jeder einzelne seine unverwechselbare Persönlichkeit ausprägen soll.

Doch auch in Nigeria wissen sie, dass im Jahr 2014 in Schönstatt ein großes Fest sein wird. Kommen wollen sie alle, auch wenn sie dann viele Kleider übereinander anziehen müssen, um nicht zu frieren, wie die Leiterin der ersten Müttergruppe uns erklärte - ob es gelingen wird, ist abhängig nicht zuletzt von den finanziellen Möglichkeiten, die die Einzelnen haben. Auf jeden Fall verabschieden wir von schoenstatt-tv uns von den Frauen mit der Einladung, uns 2014 hier in Schönstatt zu besuchen.


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