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24. April 2019 | Rund ums Urheiligtum | 

„Ich bin mehr wert als alle Bewertungen“ - 17. Absolventenkongress der Akademie für Ehe und Familie in Schönstatt


Bewertungen (Foto: Keith Johnston/Bruno Glätsch auf pixabay.com)

Bewertungen (Foto: Keith Johnston/Bruno Glätsch auf pixabay.com)

Michael Defrancesco/Hubertus Brantzen. Daumen hoch – gefällt mir: Das ist nicht nur die Bewertung des 17. Absolventenkongresses der Akademie für Ehe und Familie in der Bildungsstätte Marienland auf Berg Schönstatt, sondern auch das Thema des Wochenendes: Wie lebt es sich in einer Bewertungsgesellschaft?

Leben in einer Bewertungsgesellschaft

Gisela und Klaus Glas, das Referentenpaar des akademischen Wochenendes, klärte gleich zu Beginn auf, dass es gar nicht möglich ist, nicht zu bewerten. „Wir bewerten Dinge dabei nicht, wie sie sind, sondern wie wir sind“, betonten die beiden und zeigten Fotos von Kätzchen, Helene Fischer und Donald Trump – natürlich löste jedes Bild umgehende Reaktionen im Auditorium aus.

Gisela und Klaus Glas, Referenten beim Absolventenkongress der Akademie für Ehe und Familie im Frühjahr 2019 (Foto: Defrancesco)

Gisela und Klaus Glas, Referenten beim Absolventenkongress der Akademie für Ehe und Familie im Frühjahr 2019 (Foto: Defrancesco)

Das Referenten-Ehepaar dröselte den Unterschied zwischen Verstand und Intuition auf: Die Intuition, unser Bauchgefühl, ist laut den beiden der Schnellcheck, unbewusst, symbolisch – quasi unser siebter Sinn. Der Verstand braucht länger, ist analytisch und drückt sich in Worten und Zahlen aus, wägt Informationen ab. Dabei seien Gefühle und die Intuition immer vorherrschend. Die Hirnforschung habe ergeben, dass die Emotionen stets die Kognitionen beherrschen.

Von der Bewertung zur Diskriminierung

Gerade im Zeitalter des Internets ist es nicht möglich, Bewertungen zu entkommen – viele nutzen sie auch ganz gezielt. Bewertungen von Urlaubszielen, Restaurants oder Hotels hätten eine ebenso hohe Vertrauenswürdigkeit wie Empfehlungen der Familie und enger Freunde, sagte das Ehepaar Glas. Dabei müsse beachtet werden, dass inzwischen Onlinebewertungen auch erkauft und daher nicht mehr „ehrlich“ seien. In einer Gruppenarbeit gingen die Paare der Frage nach, wie sie sich in der Bewertungsgesellschaft fühlen und welche Chancen sie auch für die Familie sehen.

Doch wir bewerten nicht nur Hotels, sondern auch die Mitmenschen. Die einfachste Form sind laut Ehepaar Glas Stereotypen, also sozial geteiltes Wissen: „Italiener machen die beste Pasta“. Kommen Emotionen hinzu, entstehen Vorurteile: „Dicke Menschen haben keine Selbstkontrolle. Schwarze sind krimineller als Weiße.“ Kommt dann noch die Tat hinzu, entsteht Diskriminierung, z.B. werden Ausländer attackiert.

Ehepaar Mirjam und Istvan Bechtold modertierten den Kongress (Foto: privat)

Ehepaar Mirjam und Istvan Bechtold modertierten den Kongress (Foto: privat)

Wie mit Mobbing und Bullying umgehen

Auch Kinder werden bewertet – wie man mit Mobbing und Bullying umgehen kann, war ein weiterer Schwerpunkt der Tagung am Nachmittag. „Die Folgen können verheerend sein“, sagte Klaus Glas, Ausgrenzung verursache körperlichen Schmerz und oft bleibende Schäden. Entsprechend wichtig sei es, Kinder zu stärken. Dies gelinge laut einer Studie zum Beispiel durchs regelmäßige Familienabendessen oder dadurch, dass man Kinder ernst nimmt und ihnen wirklich ehrlich zuhört, ihnen zeigt: „Du bist mir wichtig“.

Ehepaar Glas benannte die seelischen Grundbedürfnisse: Sehnsucht nach Bindung, nach Klarheit und Kontrolle übers eigene Leben, nach Lust und Lebensfreude und nach dem Selbstwertgefühl. In einem Paargespräch gingen die Familien der Frage nach, wie sie ihre eigene Kinder stärken und deren Grundbedürfnisse stillen können.

Improtheater

Am Abend verwandelte sich der Tagungsraum im Marienland dann in einen Theatersaal - unter der Anleitung von Frank Thalheimer zeigten die Familien ihr Improvisationstalent und erlebten in ihrer Fantasie zahlreiche Abenteuer, sogar ein Herr-der-Ringe-Geburtstag wurde gefeiert.

Pater Stefan Strecker: "Gott hält für uns Menschen immer den Daumen nach oben" (Foto: Brantzen)

Pater Stefan Strecker: "Gott hält für uns Menschen immer den Daumen nach oben" (Foto: Brantzen)

Wie Gott den Menschen bewertet

Der Palmsonntag war geprägt durch die Frage, wie wohl Gott die Menschen bewertet. In einem Impuls bestärkte Pater Stefan Strecker immer wieder die Grundaussage, dass Gott den Menschen immer und in jeder Lage wertschätzt, selbst dann, wenn der Mensch Fehler macht und sündigt. Er zeigte dies an drei neutestamentlichen Perikopen.

  • In Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg erhalten sie Arbeiter, die nur eine Stunde gearbeitet haben, den gleiche Lohn wie jene, die bei der Arbeit die Hitze des ganzen Tages ausgehalten haben. Was nach menschlichen Maßstäben ungerecht erscheint, ist bei Gott Ausdruck der Liebe und Wertschätzung, ohne auf besondere Verdienste zu achten.
  • In dem Zeichen, dass Jesus ein Kind in die Mitte stellt, zeigt er, dass die Geringen in der Gesellschaft – und als solche galten die Kinder – Vorbild sind für die Haltung, die auch Erwachsene haben müssen. Wer sich erhaben fühlt, verfehlt das Himmelreich.
  • In der Begegnung mit der Sünderin lassen die Worte Jesu „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!“ an Ankläger verstummen. Die Frau, die nach dem mosaischen Gesetz gesteinigt werden müsste, erhält von Jesus eine neue Zukunft.
Die Palmsonntagsliturgie begann mit einer Prozession (Foto: Brantzen)Pater Stefan Strecker bezog vor allem auch die Kinder mit in die Gottesdienstgestaltung ein (Foto: Brantzen)

Die Palmsonntagsliturgie begann mit einer Prozession | Pater Stefan Strecker bezog vor allem auch die Kinder mit in die Gottesdienstgestaltung ein (Foto: Brantzen)

Palmsonntag: die Daumen nach oben

In Bild sagte Pater Strecker: Gott hält für uns Menschen immer den Daumen nach oben. Diese Vorstellung gab dann auch das Motiv ab, das Priester, Diakon und die Ministrantinnen und Ministranten nach der Palmsonntagsliturgie in Szene setzten: die Daumen nach oben.

In der Liturgie zuvor wurden zu Beginn wieder die Zettel verbrannt, die die Familien aus ihren Krügen zu Hause mitgebracht hatten. Im Lesen der Passion wechselten sich vier Ehepaare ab, um zu zeigen: Wir alle gehen nun gemeinsam in die Heilige Woche hinein.

Der nächste Absolventenkongress des „Netzwerkes Akademie“ findet am Wochenende zum Palmsonntag 2020 statt.

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