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18. März 2019 | Worte des Bewegungsleiters | 

Aus den Zeit- und Seelenstimmen die Stimme Gottes heraushören


Jahresmotiv 2019 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: POS Brehm)

Jahresmotiv 2019 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: POS Brehm)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt–Bewegung,
liebe Leserinnen und Leser von www.schoenstatt.de,

In den Monaten nach der überraschenden Öffnung der Mauer war es eine Zeit lang nicht klar, ob es durch mehrjährige Verhandlungen auf eine deutsch-deutsche Wiedervereinigung zugehen sollte oder viel schneller in einem direkten Schritt. Kurz nach der Wende erzählte im Rahmen einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung Hans-Wilhelm Ebeling, der Vorsitzende der Deutschen Sozialen Union (DSU), wie es zu einer von den Medien aufgegriffenen Parole kam. Er hatte in einer überfüllten Gaststätte eine Rede zu halten und wollte für eine baldige Wiedervereinigung werben. Weil aber wegen der vielen Menschen und der feuchten Luft in diesem Raum seine Brille beschlagen hatte, konnte er sein Manuskript nicht mehr lesen. Statt seines vorformulierten Satzes rief er einfach „Einheit sofort“.

„Einheit sofort“

Dieses Wort wurde wie ein Motto von den Medien aufgegriffen und bekannt gemacht. Es traf das, was sich viele wünschten, und wurde zu einer Parole, die dem Anliegen auf griffige Weise Ausdruck und Macht verlieh.

Das richtige Wort im richtigen Moment kann eine große Macht entwickeln. Für Schönstatt als einer Bewegung, der es um apostolische Wirksamkeit geht, ist das ein ganz wichtiges Werkzeug. Es ist mehr, als geschickte Einfühlung in kollektive Stimmungen. Es geht um Tieferes. Ein Wort, das das „ins Wort bringt“, was der Heilige Geist voranbringen möchte, berührt die Herzen und wird fruchtbar. Deshalb ist die entscheidende Vorarbeit zu einer Tagung oft ein gründliches Nachspüren: „Was bewegt die Menschen (wirklich)?“ Wenn daraus das Thema einer Tagung erwächst, dann trifft sie das Leben und bringt etwas zum Wachsen.

Buendnisbrief 2019-03-18

Die Mottos der „Nacht des Heiligtums“ in den letzten Jahren

Seit dem Weltjugendtag in Köln 2005 findet jedes Jahr in Schönstatt am ersten September-Wochenende die „Nacht des Heiligtums“ statt. Es ist ein Wochenende für junge Menschen mit Begegnung, geistlichen Angeboten, thematischen Impulsen und einer Vigil- und Anbetungsnacht am Heiligtum der Gottesmutter in Schönstatt. In den letzten Jahren haben mich die Mottos, die von den Vorbereitungsteams formuliert wurden, jedes Mal beeindruckt. Es ist mehr, als ein interessantes Thema. Auch das Motto-Lied hat jedes Mal mitgeholfen, etwas vom „Geist der Zeit“ in der Jugendgeneration wahrzunehmen.

In den 60er/70er Jahren gab es ein Büchlein „Fragen um Schönstatt“. Im Stil von Fragen und Antworten wurde vieles erklärt, was Schönstatt verstehen hilft. Eine Frage bzw. Antwort hat mich in der letzten Zeit neu beschäftigt: „Was ist eine Bewegung? Eine Bewegung ist eine von einer Idee erzeugte geistige Strömung, die viele Menschen erfassen und formen will, sie zu Trägern der Idee macht und zu deren Verwirklichung drängt.“

Der Kern einer Bewegung ist eine Idee, ein Anliegen, das alle Aktivitäten motiviert und leitet und das in vielen Menschen ein Echo findet. Wir wollen unsere Zeit als Apostelzeit sehen. Als eine Anfangszeit, wo die ursprüngliche Intuition Schönstatts in aller Frische sich neue Wege sucht. Manchmal ist – oder scheint uns – das Kernanliegen Schönstatts so selbstverständlich und so klar, dass man das gar nicht mehr ins Wort bringen muss. Und dann merkt man gar nicht, wenn diese Wurzel verkümmert und sich die Kraft aus dieser Wurzel verflüchtigt.

Dass sich das zentrale apostolische Projekt unserer Jugendgemeinschaften „wie selbstverständlich“ um das Urheiligtum und das Liebesbündnis mit der Gottesmutter herum entwickelt hat, ist ein Geschenk der Jugend an uns alle. Und genauso entscheidend ist dabei, dass mit dem Motto die NdH jedes Mal mitten hineintreffen will in das aktuelle Lebensgefühl dieser Generation.

Und das Wort ist Fleisch geworden (Joh 1,14)

Zur Biografie vieler Heiligen, zum inneren Weg, den sie gegangen sind, gehört oft die Begegnung mit einem Wort, in dem sich dieser Ruf bündelt. „Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz und gar in Verfall gerät“, ist die Anregung, die Franz von Assisi in sich spürt und die er zunächst dadurch verwirklicht, dass er die verfallene Kapelle von San Damiano wieder aufbaut. Der heilige Augustinus hört in sich die Anregung „Nimm und lies“. Ein Buch mit den Paulusbriefen liegt vor ihm und er liest: „Legt als neues Gewand den Herrn Jesus Christus an“ (Röm 13,14). Es wird zum Wort seiner Bekehrung und Berufung.

Man spürt sofort, dass zu den Worten ein besonderes Wirken des Heiligen Geistes hinzukommen muss. Das Hören und Kennen der Heiligen Schrift allein reicht da nicht aus. Wenn aber beides zusammenkommt, dann ist dies immer wieder wie eine „Inkarnation“, ein „Fleischwerden“, ein „Sich-Verwirklichen“, ein „Neuanfang“ Gottes in der Geschichte, in der Lebensgeschichte eines Menschen. Johannes fasst am Beginn seines Evangeliums das Glaubensbekenntnis an Jesus Christus genau mit diesen Worten zusammen: „Und das Wort ist Fleisch geworden“. Und der Ort dieser „Inkarnation“ ist das gläubige Herz und der Leib der Gottesmutter.

Wenn man im Rückblick auf seinen eigenen Glaubensweg solche Berufungs- und Anfangsvorgänge anschaut, dann ist an diesen von außen gesehen oft so gar nichts Besonderes zu sehen. Verbunden mit dem Wirken des Heiligen Geistes in den Seelen sind es jedoch die wichtigsten Momente eines Lebens.

Pater Kentenich durfte viele Menschen begleiten. Mit großer Ehrfurcht durfte er die inneren Wege, die Gott mit den Menschen geht, sehen. Auch wenn er Nietzsche zitiert, ist es die Frucht seiner eigenen Erfahrung, wenn er sagt: „Ich knüpfe hier an an ein Wort von Nietzsche, ein bekanntes Wort. Sie wissen ja, der hat eine ungemein tiefe psychologische Einstellung gehabt, er hat fast eine Art natürlichen Prophetentums sein Eigen genannt, hat das moderne Leben vorausverkostet und in glänzender Weise vielfach darstellen können. Bei Gelegenheit deswegen das Bekenntnis: Freund Höllenlärm, ich habe längst den Respekt verloren vor den lauten Stunden, mit denen so viel Rauch verbunden ist. Für mich sind die stillsten Stunden meines Lebens die größten Stunden“ (Kentenich 1963).

Ich wünsche Ihnen allen einen gesegneten 25. März und viel Freude über die eigenen Anfangs- und Berufungsvorgänge in Ihrem Leben.

Ihr

P. Ludwig Güthlein
Schönstatt-Bewegung Deutschland


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