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18. Januar 2019 | Worte des Bewegungsleiters | 

Neuanfang - Wahrer Wandel kommt von innen


Jahresmotiv 2019 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: POS Brehm)

Jahresmotiv 2019 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland (Grafik: POS Brehm)

Liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt–Bewegung,
liebe Leserinnen und Leser von www.schoenstatt.de,

hatte der Jahresbeginn für Sie etwas von Neuanfangsgefühlen? Ich meine damit die innere Freiheit und das tiefe Luftholen, bevor man unbelastet etwas anpacken kann. Die Feste zwischen den Jahren und zum Jahresbeginn bedeuten ja selbst vieles, was man gestalten und herrichten möchte. Und dann soll alles wieder aufgeräumt sein. Wie oft verhindert Unaufgeräumtes und Unerledigtes die unbeschwerten Neuanfangsgefühle, die man sich doch wünscht.

Buendnisbrief 2019-01-18 10 Minuten an der Krippe in der Dreifaltigkeitskirche auf Berg Schönstatt, Vallendar (Foto: Trieb)

10 Minuten an der Krippe in der Dreifaltigkeitskirche auf Berg Schönstatt, Vallendar (Foto: Trieb)

Anfangsfreude wird schnell erstickt

Es scheint fast so, dass die Schnelligkeit und Menge unserer Aufgaben, die uns umgeben, auch unseren Innenraum immer mehr anfüllen. Gibt es ein Messgerät für seelisches Volumen und seelische Spannkraft?

Es gibt eine berühmte Geschichte von Rainer Maria Rilke über „Die Bettlerin und die Rose“. Er schenkte einmal einer Bettlerin statt eines Geldstücks eine frisch aufgeblühte Rose. Seine Begleiterin, die den Vorgang miterlebte, wunderte sich, dass die Bettlerin eine Woche lang nicht mehr beim Betteln zu sehen war. Auf die Frage, wovon sie wohl in dieser Woche gelebt haben mag, antwortete ihr Rilke: „Von der Rose“. Und: „Man muss ihrem Herzen etwas schenken, nicht der Hand“.

Das Projekt „10 Minuten an der Krippe“ hat mich dazu gebracht, über das Staunen und die Freude der Kinder nachzudenken, die sie bei ihrem Krippenbesuch und bei der gemeinsamen Aufführung haben. Mit Kindern verbinden wir das Staunenkönnen und leuchtende Augen.

Ein Mitbruder von mir hat über viele Jahre auch als Seelsorger bei Zirkusleuten gearbeitet und Kontakte gepflegt. Er sagte mir einmal, dass der Zirkus etwas mit der Sehnsucht nach dem Paradies zu tun hat. Es ist eine andere Welt, wo die Schwere der Naturgesetze aufgehoben ist: Zauberer zeigen Unmögliches, Artisten fliegen durch die Luft, der Mensch lebt mit Elefanten und Raubtieren zusammen und die Clowns verwandeln sogar Tragisches in Lachen.

Wahrer Wandel kommt von innen

Kindliches Krippenspiel – eine Geschichte über eine Rose – der Zirkus und die Sehnsucht nach dem Paradies? Passt das zum Beginn eines neuen Jahres, das doch sicher mit echten Herausforderungen auf uns wartet?

Pavel Fischer, Senator im tschechischen Senat, sprach vor dem europäischen Trägerkreis der Geistlichen Gemeinschaften die im „Miteinander für Europa“ zusammenarbeiten. Er sprach davon, dass er sehr wohl wisse, was es heißt, um politische Mehrheiten zu kämpfen, um überhaupt Mitgestalten zu können. Gerade im Blick auf Europa meine man manchmal, man müsse sozusagen an den Bürgern vorbei oder um sie herum einfach ein gutes Europa organisieren und dann würde es schon weitergehen. Sehr eindringlich wiederholte er die Überzeugung: „Wahrer Wandel kommt von innen“. Wir organisieren Europa nicht für Konsumenten, sondern wir müssen auf alle als „Bürger“ blicken und so mit ihnen Europa gestalten. Es waren nicht nur die Worte allein, die mir gefallen haben. Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ich ihm glaube und Achtung habe vor ihm als Person und vor seiner Position.

Apostel rechnen mit der Bekehrung des Herzens

In diesem Jahr wollen wir uns neu als Apostel begreifen. Anfangsfreude und Anfangsglaube gehört zu den Aposteln und gehört heute zu allen Initiativen, die wir für die Menschen, die Kirche und den Glauben in unserer Zeit unternehmen. Schnell blicken wir auf Anmelde- und Teilnehmerzahlen. Viele bedeutet heute meistens ganz schnell Masse und Anonymität. Eine Berieselung mit christlicher Botschaft läuft da genauso am „seelischen Regenmantel“ herunter wie alles andere. Ohne dass einer dem Herzen begegnet, gibt es kein fruchtbares Apostolat.

Von Pater Kentenich wird die Erfahrung erzählt, dass viele das Erlebnis hatten, dass kein Mensch wichtiger war als der, mit dem er gerade im Gespräch war. Da leuchteten Augen, da sprach einer zum Herzen, da hat sich – ganz ohne Zirkus – etwas Paradiesessehnsucht erfüllt.

„Manchmal gehen kleine Anregungen tiefer als wir meinen.“

Ich wünsche uns allen seelisches Volumen und das Geschenk solcher Begegnungen.

Mit herzlichen Grüßen vom Urheiligtum

Ihr

Pater Ludwig Güthlein

Schönstatt-Bewegung Deutschland


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