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15. November 2018 | Kirche | 

Pater Kentenich, ein Mann, der sein Herz in Gott verwurzelt hatte


Kevin Joseph Kardinal Farrel: Predigt am 13. November in der Kirche S. Maria dell'Anima, Rom (Foto: Walter)

Kevin Joseph Kardinal Farrel: Predigt am 13. November in der Kirche S. Maria dell'Anima, Rom (Foto: Walter)

Bei der Gedenkfeier anlässlich des 50. Todestages von Pater Josef Kentenich, die zm Abschluss des Kentenich-Jahres am 13. November in Rom stattgefunden hat, hat Kardinal Kevin Joseph Farrell, Präfekt des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben, eine "wirklich beeindruckende Predigt" gehalten, wie Pater Heinrich Walter, Mitglied der internationalen Koordinationsstelle der Schönstatt-Bewegung schreibt. Dass der für Bewegungen zuständige Kardinal ohne Beiträge von Mitgliedern der Schönstatt-Bewegung solche Worte und Einsichten formuliere im Blick auf Pater Kentenich, sei allein schon Grund genug, sich diesen Text näher anzuschauen.

Wappen von Kardinal Farrell

Kevin Joseph Kardinal Farrell

ANLÄSSLICH DES 50. TODESTAGES VON P. JOSEF KENTENICH

(Kirche S. Maria dell'Anima - Rom - 13. November 2018)

 

Predigt

 

Liebe Brüder und Schwestern,

Anlässlich des fünfzigsten Todestages von Pater Josef Kentenich wurden die Gebete und Lesungen der Messe der „Schmerzen Mariens“ gewählt, ein liturgisches Gedenken, das die Kirche jedes Jahr am 15. September feiert. An jenem Tag, vor 50 Jahren, starb Pater Kentenich nach der Messe der Schmerzhaften Muttergottes in der Sakristei der Dreifaltigkeitskirche in Schönstatt. So hat Maria das Leben ihres geliebten Sohnes besiegelt.

Auch wir richten unseren Blick in diesem Moment auf Maria.

Das soeben verkündete Evangelium hat uns vor ein Bild gestellt, das uns sehr am Herzen liegt: "Seine Mutter stand beim Kreuz Jesu". Mit diesen einfachen Worten beschreibt der Evangelist die stille Gegenwart Mariens neben ihrem sterbenden Sohn. Eine Gegenwart, die nicht passiv und resignierend ist, sondern voller Gebet, innerer Teilnahme an den Leiden des Sohnes, der Opfergabe für die Erlösung der Welt.

In diesem dramatischen und feierlichen Moment, in dem sich die "Stunde" des Übergangs zum Vater nähert, vertraut Jesus vom Kreuz aus den "Jünger, den er geliebt hat" seiner Mutter an: "Frau, siehe, dein Sohn", und die Mutter dem Jünger: "Siehe, deine Mutter". Die kirchliche Tradition hat seit der Antike verstanden, dass diese Worte keine private Bedeutung hatten, sie waren keine "Familienangelegenheit", keine einfache kindliche Frömmigkeit gegenüber einer Mutter, die kurz davor stand, allein zu bleiben, aber sie hatten eine tiefe universelle Bedeutung. Weder Maria noch Johannes sind namentlich genannt, sondern nur die "Frau" und der "Jünger" werden erwähnt. Und so können wir verstehen, dass in Johannes alle Jünger "vom Herrn geliebt" vertreten sind, die an ihn glauben und ihm folgen werden. Während Maria in diesem Moment in sich selbst jene "Tochter Zions" verkörpert, von der die prophetischen Weissagungen gesprochen hatten, die nicht nur die "verstreuten Kinder Israels", sondern auch "das ganze Volk" willkommen hieß, das auf der Suche nach dem "Antlitz Gottes" in den Tempel in Jerusalem kommen würde. Maria ist die Erfüllung dieser Prophezeiung! Sie ist jetzt die universelle Mutter, die all jene aufnimmt, die auf Christus zugehen, den wahren Tempel, das wahre "Antlitz Gottes", den wahren Retter der Welt. Das ist einer der Gründe, warum sie mit dem feierlichen Namen "Frau" genannt wird.

Und es ist bezeichnend, dass Jesus erst nach dieser Übergabe des Jüngers an seine Mutter und der Mutter an den Jünger sagt: "Alles ist vollbracht". Erst nachdem er uns Maria anvertraut hat, spürt Jesus, dass er seine Mission erfüllt hat! Die Institution der universellen Mutterschaft Mariens für alle Gläubigen schließt somit das Werk der Erlösung ab.

             

Liebe Freunde, diese marianische Mutterschaft war für Pater Kentenich keine theologische Wahrheit, die aus Büchern gelernt wurde, sondern eine Erfahrung, die in seinem eigenen Fleisch und Blut lebte, als er im Alter von nur acht Jahren, als er das Waisenhaus betrat, von seiner eigenen Mutter der Mutter Gottes anvertraut wurde. Es war eine schmerzhafte, aber gleichzeitig auch gottgewollte Episode. Von da an waren die mütterliche Fürsorge Mariens, ihr Schutz und ihre Nähe die sicheren Grundlagen, auf denen sich das ganze geistliche Leben des jungen Josef entwickelte.

Wir können sagen, dass Pater Kentenich schon in jungen Jahren die große Gnade empfangen hat, sein Herz in der Liebe zu Maria und durch sie in der Liebe zum Herrn zu verwurzeln. Das ist das Geheimnis eines authentischen christlichen Lebens: das mit Gott vereinte Herz, der Verstand und die Werke, die durch diese Vereinigung belebt werden! Wenn das christliche Leben steril bleibt, dann deshalb, weil das Gegenteil oft geschieht: Der Verstand wendet sich den göttlichen Wahrheiten zu, das Handeln strebt nach effektiven Ergebnissen, aber das Herz ist weit von Gott entfernt.

Pater Kentenich, der sein Herz in Gott verwurzelt hatte, konnte durch Maria den vielen Kreuzen, die ihm das Leben bereitete, mit außerordentlichem Mut, Kraft und Ausdauer begegnen: seiner oft schwachen Gesundheit, seiner Gefangenschaft im Konzentrationslager Dachau, dem bitteren Unverständnis der Kirche und seiner erzwungenen Entfremdung von seiner Heimat und seinem Werk für 14 lange Jahre. In all diesen Prüfungen ist auch er, wie Maria, "am Kreuz geblieben". Er hat sein Opfer zusammen mit dem Opfer Christi zum Wohle der Seelen dargebracht und war zuversichtlich, dass Maria selber die schmerzhaften Prüfungen, die er durchlebte, zum Guten wenden würde: "Mater habitebit curam", so liebte er es zu wiederholen.

Seine persönliche Erfahrung führte auch zu seiner außergewöhnlichen pädagogischen Arbeit. Er wusste, dass junge Menschen Gefahr laufen würden, abzuweichen und sich zu verlieren, wenn sie der Gnade sinnloser und vergänglicher Emotionen und Leidenschaften ausgeliefert blieben. So verstand er, dass der erste Schritt auch für sie darin bestand, ein "Liebesbündnis" mit Maria zu schließen, das inzwischen zum Markenzeichen der Spiritualität Schönstatts geworden ist. In der Praxis geht es darum, "in einem Bündnis" mit Maria zu leben, damit auf ihre Fürsprache hin das persönliche Engagement für die Heiligung und das Apostolat in der Welt Früchte tragen kann.

Pater Kentenich war sich daher aus dem Gründungsakt der Schönstatt-Bewegung sicher, dass es vor Beginn jeder Bildungsarbeit notwendig war, das Herz an ein sicheres Fundament zu "binden", um zu verhindern, dass es den "Wellenwogen" ausgeliefert bleibt. Er wusste, weil er es persönlich erlebt hat, dass, wenn das Herz an Maria gebunden ist, es spontan darauf ausgerichtet ist, Gott zu lieben und andere in Gott zu lieben. Und tatsächlich war Pater Kentenich ein großer Erzieher: Sein Ziel war es immer, starke und reife Persönlichkeiten zu bilden, vor allem aber freie Menschen. Frei von äußerer Konditionierung, frei von sozialem Druck, frei von den falschen Werten der Welt, fähig, aus der Tiefe des Herzens und nicht nur im Erscheinungsbild dem christlichen Glauben anzuhaften. In der Lage sein, diesen Glauben in jedem sozialen Umfeld zu bezeugen und apostolische Initiativen selbstständig, mutig und vorausschauend zu ergreifen.

 

So wurde Pater Kentenich ein wahrer Vater für viele Jugendliche, für Laien, Seminaristen, Priester, geweihte Frauen, Gruppen von Familien, die in ihm einen sicheren und weisen Führer fanden, der sie mit liebevoller Güte und mit klaren Vorstellungen vom Wachstum im Glauben und der vollen Einhaltung ihrer Berufung begleitet.

Dieser Mann Gottes war vor allem ein echter Sohn der Kirche. Er liebte die Kongregation der Pallottiner, in der nach dem Plan der Vorsehung seine Priesterberufung geboren und entwickelt wurde. Er gab sich großzügig für die geistliche Ausbildung vieler Priester hin, die zu Tausenden kamen, um seinen Exerzitien und Tagungen zu folgen. Er liebte die ganze große geistliche Familie, die der Schönstatt-Bewegung Leben eingehaucht hat, einen "Baum", wie man sagen kann, an dem viele "Zweige" entstanden sind: die Säkularinstitute, die Pilgerbewegung, die Apostolischen Ligen, die Apostolischen Föderationen.

 

Liebe Brüder und Schwestern, wie alle Gründer neuer kirchlicher WIrklichkeiten, die vom Heiligen Geist zur Erneuerung der Kirche inspiriert waren, war Pater Kentenich auch ein Werkzeug, das Gott gewählt hat und das Gott mit vielen Gaben und besonderen Gnaden bereichert hat. Vielleicht ist es nicht möglich, den ganzen spirituellen Reichtum seiner Persönlichkeit wiederzugeben, aber ihr, seine spirituellen Kinder, könnt euch von einigen Merkmalen seines Charismas und seiner Arbeit inspirieren lassen, die eurer Natur näher sind und die ihr für dringender haltet im sozialen Kontext, in dem wir leben. Für die einen wird es das pädagogische Werk der Ausbildung der Jugendlichen sein, für die anderen das Angebot eines ernsthaften persönlichen Weges der Heiligung, für die anderen das christliche Zeugnis in der Arbeitsumgebung oder der missionarische Impuls, oder das Werk der Vaterschaft und geistlichen Leitung, oder das Apostolat des Gebets, die Verbreitung der marianischen Hingabe in den Familien, und viele andere. Denkt daran, dass die kirchlichen Charismen im Laufe der Jahre weiter lebendig bleiben, wenn sie von großzügigen und aufrichtigen Menschen treu aufgenommen und angenommen und für jede kommende neue Generation aktualisiert werden.

 

Möge euch die Jungfrau Maria, die von euch als Dreimal Wunderbare Mutter besonders verehrt wird, begleiten und euch auf eurem persönlichen und gemeinschaftlichen Weg der Heiligung und des Apostolats helfen.

Amen.

 

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