Nachrichten

14. September 2018 | Deutschland | 

Zwei Schönstätter über die Faszination der Erneuerungsbewegung - „Viele suchen nach etwas Tieferem im Leben“


Carolin Brehm und Pater Ludwig Güthlein im KNA-Interview (Foto: Merten, KNA)

Carolin Brehm und Pater Ludwig Güthlein im KNA-Interview (Foto: Merten, KNA)

Michael Merten (Katholische Nachrichten Agentur, KNA). Schönstatt ist ein Ortsteil von Vallendar bei Koblenz, idyllisch an einem Seitental des Mittelrheins gelegen - ein kleiner Ort, doch weltweit bekannt. Denn dort wurde 1914 die gleichnamige geistliche Erneuerungsbewegung innerhalb der katholischen Kirche ins Leben gerufen. Ihr Gründer war der Pallottiner Josef Kentenich, der am 15. September 1968 starb. 50 Jahre später hat die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) zwei Schönstätter gefragt, was heute noch die Faszination der Bewegung ausmacht. Der aus Franken stammende Pater Ludwig Güthlein (61) ist Leiter der katholischen Schönstatt-Bewegung in Deutschland. Carolin Brehm (24) studiert Theologie mit dem Berufsziel Pastoralreferentin und ist in der Schönstatt-Gliederung Mädchen/Junge Frauen engagiert.

KNA: Herr Pater Güthlein, Frau Brehm, wie haben Sie beide persönlich zu Schönstatt gefunden?

Brehm: Ich habe mit neun Jahren erstmals an einer Ferienwoche für Mädchen teilgenommen. Eigentlich wollte ich gar nicht hier her kommen, aber meine Mutter hat mir versprochen, dass sie mich sofort wieder abholen kommt, wenn es mir nicht mehr gefällt. Es hat mir aber direkt gut gefallen, und ich hatte kein Heimweh mehr. Seitdem bin ich dabei geblieben. Am Anfang hat mich vor allem die Gemeinschaft fasziniert, aber irgendwann kam mehr dazu: Ich habe angefangen, mich mit der Spiritualität und mit Pater Kentenich zu befassen.

Güthlein: Meine Eltern sind beide in der katholischen Jugend groß geworden. Als ich in der zweiten Klasse war, haben sie nach Angeboten gesucht, die sich an Familien richten. Unser Pfarrer hat sie dann auf die schönstättische Familientagung aufmerksam gemacht. Wenn ich zurückblicke auf meine Kindheit, dann gehörten die Familienfreizeiten sehr bald zu den Ferien dazu. Mit etwa 14, 15 Jahren habe ich dann selbstständig bei der Schönstatt-Jugend mitgemacht. Diese Selbstständigkeit ist auch eine wichtige Facette von Schönstatt: Es geht darum, einen eigenen Zugang zum Glauben zu finden. Das hat mich motiviert und dann auch später bei meinem Weg zur Berufung geprägt.

KNA: Mittelpunkt jedes Schönstatt-Zentrums ist das Heiligtum, ein Nachbau der Wallfahrtskapelle in Schönstatt. Wie reagieren Besucher, wenn sie die schlichte, eigentlich unscheinbare Kapelle erstmals sehen?

Güthlein: Viele Heiligtümer sind ja auf den ersten Blick unscheinbar. Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich, aber meist wird etwas Inneres in Besuchern wach. Man hat dieses Kapellchen überall nachgebaut; weltweit gibt es mehr als 210, und oftmals sind sie mit einem Tagungshaus verbunden. Menschen unterschiedlicher Konfessionen, die mit einer gewissen geistlichen Offenheit unterwegs sind, spüren etwas von der geistlichen Präsenz, die an diesem Ort ist.

Brehm: Vielleicht sind manche Besucher enttäuscht, weil sie etwas Spektakuläres erwartet haben. Aber ich finde es genial, dass aus etwas Kleinem, Unscheinbarem etwas Großes geworden ist. Anders als in einer riesigen Kirche, wo man sich vielleicht verloren fühlt, kann man sich hier aufgehoben und beheimatet fühlen.

KNA: Marienfrömmigkeit, Begriffe wie das Liebesbündnis: Das erscheint im Jahr 2018 nicht unbedingt zeitgemäß. Wie reagieren Freunde, wenn Sie ihnen von Schönstatt erzählen?

Brehm: Die sind da meistens ziemlich ehrlich und sagen: Was ist das denn Verrücktes? Komischer Verein! Aber meine Freunde haben auch schnell begriffen, wie gut es mir tut, denn von Schönstatt kam ich immer ausgeglichener und erfüllter zurück. Klar sind Begriffe wie Liebesbündnis sperrig, aber ich versuche, das in eigenen Worten zu erklären.

Marienfrömmigkeit ist vor allem in theologischen Kreisen umstritten, die hinterfragen so etwas mehr als Jugendliche. Die fragen dann: Steht nicht eigentlich Christus in der Mitte? Ich würde sagen: Christus steht in Schönstatt in der Mitte. Aber unser Zugang zu ihm ist einer über Maria; das ist für mich als Frau auch leichter.

Güthlein: Sobald ich Freunden Schönstatt erklären muss, merke ich immer, wie fremd manche Begriffe klingen. Aber wenn man zuerst das Leben bei Schönstatt kennenlernt, ist das anders. Mein Zugang war eher das Erleben der Gemeinschaft, aus dem heraus sehr viel eigenes Suchen und eigene Überzeugung gewachsen ist. Unser Gründer Pater Kentenich hat einen ganzheitlichen pädagogischen Ansatz verfolgt. Es ging ihm darum, dass der Mensch mit seinen verschiedenen Schichten auch vom Religiösen erfasst wird.

Bei seiner Arbeit als Spiritual im Internat hat Pater Kentenich erlebt, dass Maria für die Jugendlichen eine besondere Wirksamkeit hat, dass da eine ganzheitlichere Religiosität wach wird. Das ist auch sein eigenes biographisches Erlebnis; seine Mutter hat ihn im Waisenhaus der Gottesmutter anvertraut. Das hat ihn ganz tief berührt.

KNA: Wie kann man heute junge Menschen für Schönstatt gewinnen?

Güthlein: Unsere Gesellschaft ist unheimlich stimmungsgeprägt. Wir müssen dagegen keine andere religiöse Stimmung setzen, sondern einen Raum geben, wo das Persönliche Thema wird. Das hat ein bisschen etwas Unspektakuläres, es ist ein etwas langsamerer Weg mit den Menschen, aber das ist sehr wirksam.

Brehm: Am besten kann man Leute für etwas begeistern, indem sie es sehen. Schönstatt zu erklären, ist ziemlich schwer. Aber Schönstatt zu erleben, ist leicht. Meistens habe ich daher meine Freunde einfach hierhin mitgenommen. Bei der Schönstatt-Jugend gehen wir auch in Schulen hinein und sprechen Jugendliche für unsere Ferienwochen an. Über die Pfarreien laden wir zu Gruppenstunden für Mädchen ein.

Im Herbst findet in Vallendar das Jugendfestival „Nacht des Heiligtums“ mit 500 Teilnehmern aus ganz Deutschland statt. Da ist Glaube ganz anders erlebbar als im Alltag: richtig lebendig und fröhlich, gleichzeitig aber auch tief. Mein Eindruck ist, dass Jugendliche heute danach suchen. Viele sind zwar sehr fern von der Kirche, aber sie suchen nach etwas Tieferem im Leben. Hier können sie Antworten darauf finden, aber auch Gott und den Glauben kritisch hinterfragen.

Quelle: KNA-JOURNAL, mit freundlicher Genehmigung

Top