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14. September 2018 | Deutschland | 

Vor 50 Jahren starb der Schönstatt-Gründer Josef Kentenich - Marienfrömmigkeit als Herzensanliegen


Pater Josef Kentenich (Foto: Neuenhofer)

Pater Josef Kentenich (Foto: Neuenhofer)

Angelika Prauß (Katholische Nachrichten Agentur, KNA). Es sieht aus wie eine unscheinbare Dorfkapelle: schlichte Holzbänke, vorne ein schlichtes Marienbildnis mit Jesuskind. An jedem anderen Ort würde das kleine Gebäude kaum Beachtung finden. Anders in Schönstatt. Die Kapelle in dem Ortsteil des rheinischen Vallendar bildet das sogenannte Urheiligtum der Internationalen Schönstatt-Bewegung. Millionen Menschen aus aller Welt haben sich hier, an ihrem Ursprungsort, schon an Maria gewandt und Kraft und Orientierung gefunden. Deren Gründer, der Pallottiner Josef Kentenich, starb vor 50 Jahren - am 15. September 1968.

Kentenich entfaltete die Vision „von einem neuen Menschen in einer neuen Gemeinschaft“

Er stammte aus kleinbäuerlichen Verhältnissen. Mit acht Jahren gab ihn seine Mutter in ein Waisenhaus. Sie unterstellte ihn dabei der Fürsorge der Gottesmutter; eine Geste, die den Jungen nachhaltig berührt haben muss. Seine tiefe Religiosität und seine Liebe zur Theologie ließen den 1904 in die Gemeinschaft der Pallottiner eingetretenen und 1910 zum Priester geweihten Kentenich zu einem charismatischen Kirchenlehrer heranwachsen. Als Spiritual des Studienheimes der Pallottiner in Schönstatt folgte er nicht dem gängigen autoritären Erziehungsstil, sondern stand den Heranwachsenden als Berater und väterlicher Freund zur Seite. Er entfaltete die Vision „von einem neuen Menschen in einer neuen Gemeinschaft“, der sich aus freiem Entschluss durch Selbsterziehung heiligt.

Angelika Prauß: "Der Prophet im eigenen Land ist nichts wert - auch wenn Josef Kentenich kein Prophet war, ein wenig scheint diese Redensart auch auf den Gründer der internationalen Schönstatt-Bewegung zuzutreffen."

Lange vor Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils gründete er mit seinen Schülern 1918 eine Marianische Kongregation. In dieser völlig neuartigen Laienbewegung entwickelte er eine dem 20. Jahrhundert angepasste Form des kirchlichen Lebens. Aus dieser Kongregation entstand das heutige Schönstattwerk.

„Liebesbündnis“

Geistliches Zentrum ist die kleine, unscheinbare Marienkapelle in Schönstatt. Dort hatte Kentenich 1914 einen Schwur an die Muttergottes geleistet, das „Liebesbündnis“: Wenn dort genügend Menschen zu Maria beteten, möge diese den Raum mit ihrer Kraft füllen. Bald suchten immer mehr Menschen diesen Kraftort auf. „Nichts ohne dich - nichts ohne uns“ wurde ein wichtiger Leitsatz für die Weggemeinschaft mit der Gottesmutter.

Einer, der den Nationalsozialismus radikal ablehnte

Zwischen den beiden Weltkriegen wuchs die Schönstatt-Bewegung beträchtlich. Etwa ein Drittel des deutschen Klerus besuchte die Exerzitien Pater Kentenichs. Er erkannte bald die zerstörerischen Kräfte im Nationalsozialismus und lehnte ihn radikal ab. Von den Nationalsozialisten wurde er vier Jahre im Konzentrationslager Dachau festgehalten, wo er weiterhin als Seelsorger wirkte und zwei neue Gruppierungen der Schönstattbewegung gründete.

Große Aufmerksamkeit UND Ablehnung in der kirchlichen Öffentlichkeit

Die Nachkriegsjahre brachten eine starke Internationalisierung der geistlichen Erneuerungsbewegung; besonders in Lateinamerika fasste Schönstatt Fuß. Aber Kentenich stellten sich auch Widerstände entgegen. Denn die Dynamik von Schönstatt und die neuen pastoralen Formen erregten - zwei Jahrzehnte vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil - nicht nur große Aufmerksamkeit, sondern auch Ablehnung in der kirchlichen Öffentlichkeit.

Wesentliche Elemente der Bewegung - wie die Erklärung der kleinen Kapelle zum wirkmächtigen „Gnadenort“ Marias - wurden angezweifelt. Es kam zu kirchenamtlichen Visitationen, die schließlich zu einer Amtsenthebung Kentenichs als Leiter der Bewegung führten. Daraufhin musste er auf Anordnung der Kirchenleitung in die USA gehen, wo er von 1952 bis 1965 lebte und als Seelsorger der deutschen Gemeinde in Milwaukee wirkte.

Kardinal Augustin Bea: „Ohne das Konzil wären Sie nie verstanden worden“

Im September 1965 führte Kentenich in Rom Gespräche mit verschiedenen vatikanischen Stellen. Papst Paul VI. verfügte am 22. Oktober die Aufhebung der Dekrete über ihn. Kardinal Augustin Bea, der seit langem dem Werk des Schönstatt-Gründers verbunden war, sagte ihm damals: „Ohne das Konzil wären Sie nie verstanden worden“. Mit Erlaubnis Roms verließ Kentenich die Gemeinschaft der Pallottiner, um sich seiner nun kirchlich anerkannten Gründung voll zu widmen.

Noch fast drei Jahre konnte der nun 80-Jährige seiner inzwischen weltweit verbreiteten Bewegung letzte Impulse geben. Am 15. September 1968 starb er nach der Zelebration seiner ersten Messe in der neu erbauten Dreifaltigkeitskirche in Schönstatt. An seinem Sterbeort, der damaligen Sakristei der Kirche, wurde er bestattet. Auf seinem Sarkopharg stehen die von ihm gewünschten Worte „Dilexit ecclesiam“ - Er liebte die Kirche.

Seligsprechungsprozess

Seit 1975 unterstützt die Schönstatt-Bewegung die Seligsprechung von Pater Kentenich. Diese sei „weit fortgeschritten“, erklärt der damit beauftragte Postulator, Pater Eduardo Arguirre; es blieben aber auch noch „offene Fragen“. Das Verfahren sei „umfangreich, weitreichend und nicht frei von Auseinandersetzungen“. Schließlich habe Kentenich über 14 Jahre „eine Prüfungszeit durch die Kirche“ erlebt.

Auch 50 Jahre nach seinem Tod eine permanente Inspiration

Wie wichtig die Person des Gründers noch heute ist, verdeutlicht der Leiter der katholischen Schönstatt-Bewegung in Deutschland: „Pater Kentenich sehe ich als einen geistlichen Menschen, der für uns auch 50 Jahre nach seinem Tod noch eine permanente Inspiration ist“, sagt Pater Ludwig Güthlein. „Sein Anliegen war, das alltägliche und das geistliche Leben in seinem Zusammenhang zu begreifen. Seine Bewegung hat sich inzwischen weltweit ausgebreitet.“

Verbreitung

Heute gibt es in 33 Ländern rund 210 originalgetreue Nachbauten des „Urheiligtums“, alleine in Deutschland stehen 55 davon in 25 Diözesen. Das erklärt, warum sich am „Urheiligtum“ selbst der Besucherandrang eher in Grenzen hält. In Deutschland, dem Kernland der Bewegung, engagieren sich nach Angaben der Bewegung rund 18.000 Mitglieder. Weltweit seien etwa 140.000 Menschen in der Schönstatt-Bewegung aktiv: Vor allem in Lateinamerika ist die „Schönstattfamilie“ sozial engagiert und sehr bekannt.

„Die Zahl derer, die durch verschiedene Projekte Schönstatts mit der Spiritualität in Kontakt kommen und sich mehr oder weniger mit Schönstatt identifizieren, liegt in Deutschland etwa bei 50.000 und weltweit bei mehreren hundertausend“, sagt Pater Güthlein.

Quelle: KNA-JOURNAL, mit freundlicher Genehmigung
Zwischenüberschriften redaktionell ergänzt

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