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18. März 2017 | Delegiertentagung | 

Das Ende der Volkskirche – erleiden oder gestalten? Synodale Prozesse, Perspektivenwechsel, Wagnisse


Dr. Daniela Mohr-Braun, theologische Referentin in der „Stabsstelle für die Umsetzung der Ergebnisse der Diözesansynode“ im Bistum Trier (Foto: Brehm)

Dr. Daniela Mohr-Braun, theologische Referentin in der „Stabsstelle für die Umsetzung der Ergebnisse der Diözesansynode“ im Bistum Trier (Foto: Brehm)

Der Nachmittag des ersten Tages der Delegiertentagung stand ganz unter dem Thema, Zeichen der Zeit wahrzunehmen. Den Beginn machte Frau Dr. Daniela Mohr-Braun, Kastellaun, theologische Referentin in der „Stabsstelle für die Umsetzung der Ergebnisse der Diözesansynode“ im Bistum Trier, mit einem Impuls zur Wandlung der Volkskirche zu einer Kirche des Volkes. Schönstatt sei keine Insel der Seligen, meinte Mohr-Braun. Die Umbrüche, in denen die Kirche sich befinde, beträfen auch Schönstatt. Wenn sie nur denke an den demographischen Wandel, die weniger werdenden Eintritte in die Gemeinschaft, die Finanzen in den Gliederungshäusern und Diözesanzentren.

Der Kraft des Auferstandenen mehr zutrauen

Inzwischen sei klar, dass das Ende der volkskirchlichen Strukturen gekommen sei. Der Patient Volkskirche kranke, werde noch am Leben gehalten, aber werde sterben. Nicht die Kirche als Ganze werde sterben, aber bestimmte Engagements, Gottesdienstformen, das ein oder andere kirchliche Angebot in seiner bisherigen flächendeckenden Form. Wir könnten, so die Botschaft von Bischof Stephan Ackermann an sein Bistum Trier, dieses Sterben nicht abwenden, aber wir könnten uns entscheiden, es zu gestalten. „Weg von einer sehr versorgten, selbstzufriedenen Kirche, gelegentlich auch von einer sehr klerikerzentrierten und auf hauptamtliche Dienste zentrierten Kirche, hin zu einer Kirche, die lebt von der persönlichen Identifikation und vom Engagement jedes und jeder einzelnen Getauften“ , so Mohr-Braun. Diesen Weg mit Hoffnung und mit Vertrauen zu gehen, der Kraft des Auferstandenen mehr zuzutrauen als den derzeitigen Anzeichen eines Sterbens, läge auch in unserer Entscheidung.

... hin zu einer Kirche, die lebt von der persönlichen Identifikation und vom Engagement jedes und jeder einzelnen Getauften (Foto: Brehm)

... hin zu einer Kirche, die lebt von der persönlichen Identifikation und vom Engagement jedes und jeder einzelnen Getauften (Foto: Brehm)

Was können die geistlichen Gemeinschaften der Kirche geben?

Genau hier kämen die Geistlichen Bewegungen ins Spiel, die Menschen, „die aus einem Charisma heraus ihr Christsein gestalten und innerhalb der Kirche eine existenzielle Heimat gefunden haben“, ist Daniela Mohr-Braun überzeugt. Deshalb sei die Frage an diesem Nachmittag eigentlich: Was braucht die Kirche von uns? Was können wir geben in dieser Zeit? Die Theologin nannte drei Momente, die in der aktuellen Situation wichtig seien:

·         Identifikation statt Aktionismus

Angesichts der stetig sinkenden Priesterzahlen seien nicht Jammern oder maximaler Aktionismus angesagt. Es stehe eher die Formulierung eines Perspektivwechsels an: „Charismen vor Aufgaben in den Blick nehmen.“ Also die Frage: Wer sind wir und woraus leben wir? Wer bin ich und woraus lebe ich? Wo ist die Mitte, die trägt?“

·         Den Mut zur Niederschwelligkeit.

Die Kirche brauche die Bereitschaft der geistlichen Bewegungen, ihre Wagen auf „Niederflurbetrieb umzustellen“, auf Barrierefreiheit. „Barrierefreiheit ist nicht nur ein Thema für Rollstuhlfahrer und Gehörlose. Es ist auch ein Thema der inneren Barrieren, die wir durch religiöse Sprache, liturgische Formen, Inventar etc. aufbauen oder auch abbauen“ formulierte Dr. Mohr-Braun provokativ. Es wäre hilfreich, „sehr schonungslos, sehr ehrlich – und im Austausch mit Menschen, die nicht zur Schönstatt-Bewegung gehören – diese Frage nach den inneren Barrieren zu stellen.“

·         Investition in Kleine Christliche Gemeinschaften

Wenn alte Gemeinden und Gemeinschaftsformen wegbrechen, wo und wie finden sich Menschen wieder neu zusammen? Die Kleinen Christlichen Gemeinschaften, ursprünglich in Afrika, Asien und Südamerika entwickelt, könnten sich auch im Kontext der entstehenden Großpfarreien bewähren. Regelmäßige Treffen als „Kirche vor Ort“ in Privatwohnungen. Sich um Jesus versammeln. Durch konkrete Vernetzungsstrukturen (Beauftragungen, Schulungen u. v. m.) ist die Kleine Christliche Gemeinschaft mit der Kirche verbunden. Leitung hieße hier, Menschen zu stärken und zu selbständigem Engagement zu befähigen.“

Wiedererkennungs-Effekte

Einige Elemente dieser Kleinen Christlichen Gemeinschaften fänden sich auch in verschiedenen Engagements der Schönstatt-Gruppen und des Apostolates der Pilgernden Gottesmutter. Es könnte also interessant sein, sich „ in die derzeitige Pionierphase der Kleinen Christlichen Gemeinschaften in den Pfarreien einzubringen!“ Und das nicht, um neue Mitglieder für die eigene Bewegung zu finden, sondern als einen „selbstlosen Dienst am Gemeinschafts- und Gemeindeaufbau in der derzeitigen Umbruchssituation der deutschen Kirche,“ so Mohr-Braun zum Schluss.


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