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9. Februar 2010 | International | 

Zu Fuß quer über die Anden – für SIE!


Der Aconcagua im HintergrundARGENTINIEN, José María Iturrería. Die Cruzada de Maria, Fußverbindung zwischen den Heiligtümern von La Puntilla, Mendoza, Argentinien, und Bellavista, Santiago, Chile, ist geschafft für die 120 Mitglieder der Schönstatt-Mannesjugend. Eine Heldentat von 15 Tagen Dauer und 400 Kilometern Länge und einem anspruchsvollen Weg, der letztlich ein Bild des Lebens selbst ist mit mühseligen Steilhängen und berauschenden Abstiegen. Beide Wirklichkeiten angegangen aus dem, wie die "Cruzados" selbst diesen Unterfangen genannt haben: eine Verrücktheit der Liebe zu Maria!

Cruzada de María - los geht's

Cruzada de Maria! Los geht's!

"Guten Morgen, Pilger! Es ist vier Uhr morgens, Zeit zum Aufstehen!" Mit diesem Satz, der mir immer noch in den Ohren klingt, weckte Pater Joselo uns jeden Morgen bei der Cruzada de Maria. Mehr als einem kam es anfangs wie ein Witz vor, als es hieß, wir müssten jeden morgen um vier Uhr aufstehen, aber ziemlich schnell wurde uns klar, dass das durchaus ernst gemeint war, und das mit gutem Grund.

Beliebt ist, wo es Schatten gibtDie Cruzada de Maria ist nicht mehr und nicht weniger als die Überquerung der Anden, zu Fuß, vom Heiligtum in Mendoza aus zum Heiligtum in Bellavista, in Santiago de Chile. In 15 Tagen legen wir eine Entfernung von 400 km zurück, was ein Tagespensum von 20 bis 30 km bedeutet. Im Hochsommer und auf 3000 Metern Höhe brennt die Sonne sehr, und darum gilt es, den frühen Morgen auszunützen, wenn es noch frisch ist.

Und wie sieht unser Tag aus? Um 5.00 Uhr ist das Frühstück beendet, das das Küchenteam zubereitet hat. Ein nicht zu verachtender Kakao und ein Marmeladenbrötchen zur Weckung der Lebensgeister! Nach dem Morgengebet erklingt der Schlachtruf: "Cruzada de Maria! Los geht's!" Jetzt beginnt der Marsch, der in der Regel bis 13.00 Uhr geht, wenn das Tagesziel erreicht ist. Durch diese herrliche Gebirgslandschaft zu laufen ist in sich schon ein Erlebnis, aber es zusammen mit 120 Jugendlichen aus Argentinien, Brasilien, Chile, Ecuador, Paraguay, Uruguay, Mexiko, Deutschland, Tschechien und Indien zu tun, ist einmalig!

Heilige MesseDie Emmausgeschichte (Lk 24, 13-34) illustriert gut, was ich sagen will. Der Weg wird zur Gelegenheit zum Gespräch, zum Austausch, zur Bereicherung am Leben der anderen, und so öffnen sich beide der Begegnung mit dem Auferstandenen, der mit uns geht. Jeder hat seine Geschichte zu erzählen, etwas zu teilen und zu schenken, und hier sieht und entdeckt man die Freude, gemeinsam unterwegs zu sein. Das sind die Stunden der Hochherzigkeit, des aufmerksamen Zuhörens, der Freundschaft. Ein Bonbon, ein Stück Schokolade oder ein paar getrocknete Früchte sind der Unterschied zwischen Alleinsein und dem Verspüren der Wärme echter Brüderlichkeit.

Liebe ist stärker!

Nach einigen Stunden Marsch spürt man die Hitze, man spürt Durst, Hunger, Muskelkater und Blasen. Die Cruzada kann das Schlimmste und das Beste aus einem herausholen. Man kann die Zeit mit Jammern und Klagen verbringen, oder den Schritt über die Schwelle der Solidarität machen. Wenn ich mich öffne und entdecke, dass ich nicht allein bin, wird mir klar, dass ich über meinen Tellerrand hinausschauen und etwas für den andern tun kann. Wenn ich mich öffne und die Schwäche in denen um mich herum sehe, dann - so paradox es klingen mag - leide ich selbst weniger an der meinen! Aus dem Bewusstsein der Brüderlichkeit wächst die Freude des Teilens, und damit eröffnet sich ein ganz neuer Horizont, denn ich kann sagen: "Bruder, ich geh mit dir." Natürlich braucht man auch Kraft und den Willen, weiterzumachen, genau so wie genug Wasser und die so geschätzten Müsliriegel die für uns die beste Medizin gegen Erschöpfung waren.

Nach etwa acht Stunden Marsch durch die Bergketten kommen wir am Tagesziel an. Endlich! Manchmal ist es ein Dorf mit einer Kaserne des Militärs, oder ein Bach, der zwischen den Bergen herunterströmt. Was auch immer, die Hitze empfängt uns auf jeden Fall, und darum ist das Erste, irgendwo Schatten zu finden. In diesen Tagen hat man wirklich bei den Cruzados Kreativitätsschübe erlebt auf der Suche nach einem schattigen Winkel. Auf den ersten Plätzen landen dabei meines Erachtens die "Mechaniker", die es sich unter (sic!) dem Militärlaster, der uns begleitete, bequem machten. Unter das Fahrgestell und zwischen die Räder passen nach letzten Zeugenaussagen sage und schreibe 15 "Mechaniker".

Fünf Kontinente bei der ChristusstatueUm ein Uhr mittags ist man in der Regel am Tagesziel und es ist Zeit zum Mittagessen. Nichts von feinen Tellergerichten, alles passt in einen kleinen gelben Plastikbeutel. Nie vorher hatte ich so viel Freude an einer Kartoffel, einer Tomate, einem hartgekochten Ei, einem Brötchen und einer Orange! Bei dem Hunger und der Müdigkeit kam es einem vor wie ein Dinner im Hilton! Kaum ist man mit dem Essen fertig, überwältigt einen die Müdigkeit. Die Siesta ist nicht zu ersetzen, da man ja nachts kaum mehr als fünf Stunden Schlaf hat. Darum sind dies die stillsten Stunden der Cruzada. Alles schläft, einsam wacht… maximal noch die Gottesmutter.

Am späten Nachmittag, wenn die Sonne niedriger steht, treffen wir uns in Gruppen und Gemeinschaften zum Austausch über die Erlebnisse des Tages. Immer dabei ist ein guter heißer Mate, den das Küchenteam zubereitet. Nach Sonnenuntergang, vor dem Abendessen und Schlafengehen, feiern alle gemeinsam die heilige Messe. Die Messe ist der Moment, in dem man sich erneuert, neu entzündet und die Batterien der Seele auflädt; die Predigten jedes einzelnen der acht Patres, die die Cruzada begleiteten, helfen dabei. Man kann die Härte der Cruzada nur mit einem "Wofür" meistern, einem Sinn. Es ist nicht selten, dass man sich am dritten Tag, nach den ersten Blasen, der Hitze und Müdigkeit fragt: "Wieso mach ich das eigentlich? Wer hat mich hierhin gejagt?" Das ist der Moment, wo man in die Tiefe geht, wo man entdeckt, dass die Cruzada wie eine Taufe ist, weil sie ein Siegel einprägt, das heißt, sie prägt dich, sie verändert dich für immer, so Fabián aus Uruguay. Er hat einen Ausspruch geprägt, der zum meinem besten "Wofür" der Cruzada de Maria gehört: "Auf der anderen Seite des Gebirges wartet meine Taufe auf mich." Für ihn war es ein langer und wunderbarer Weg der Vorbereitung auf seine Taufe, die er im Abschlussgottesdienst empfing…

Die Grundlage; die innere Freiheit in Christus und Maria

Aber was war nun die Cruzada de Maria? Für jeden ist es ein einmaliges Erlebnis. Aber ich möchte hier ein paar Momente aufzählen, die sie geprägt haben. Die Cruzada 2010 war eine Cruzada der Befreiung. In diesem Jahr feiern wir in Chile und Argentinien 200 Jahre Unabhängigkeit; vor 200 Jahren war die Andenüberquerung des Befreiungsheeres, das den Völkern Lateinamerikas die Freiheit erkämpft hat. Freiheit erhält man als Geschenk, wenn sie zuvor erobert wurde. Es gibt keine Befreiung der Völker wenn es nicht zuerst innere Freiheit gibt. Wir wollten sie erringen auf der ersten Strecke der Cruzada bis zum Cristo Redentor, der Christusstatue auf 4000 m Höhe. Wir entdeckten, dass es Christus ist, wie P. Facundo sagte, der die Anden unseres Innern überquert hat und die Gebirge unseres Herzens durchwandert um uns an der Hand Marias die wahre innere Freiheit zu schenken. So umarmten wir als lebendiges Heiligtum und unter lauten Rufen "Einheit! Einheit! Einheit!" Christus, den Erlöser. Alle, die dabei waren, werden jetzt lächeln, denn diese Rufe kamen ja nicht von uns, sondern von einer Gruppe von Protestanten, die in dem Moment dort waren und mit den Fahnen und zum Klang der Hymne von Franz Reinisch herbeistürmen sahen…

Und so wurde die "befreite" Cruzada beim Abstieg nach Chile zur "befreienden" Cruzada, denn wir wollten zurückkehren in unsere Länder, um ihren die wahre Freiheit zu schenken, die man nur in Christus und Maria finden kann. Das war der Schatz, den wir schenken und vermitteln wollten. Viele Menschen sahen uns vorbeiziehen, eine Kolonne von 120 Jugendlichen mit Fahnen im Wind, im Takt von Schönstattliedern…

Befreiend und in Gemeinschaft - 2014 entgegen!

Neugierige Blicke, winkende Autofahrer, Hupkonzerte: das alles fehlte nicht, genauso wenig, Gott sei Dank, Menschen die uns unterwegs halfen. Angefangen mit der Schönstattfamilie in Mendoza, die uns in ihrem Heiligtum willkommen hieß, über das argentinische Militär, die Polizei, das chilenische Militär, die Madrugadores, die Familien in Carrascal bis zu den Marienschwestern, dem Frauenbund und so vielen anderen, die uns unterwegs Mut machten.

Die Cruzada de Maria 2010 war "befreiend", weil wir uns als Mannesjugend Lateinamerikas entschlossen haben, gemeinsam auf 2014 zuzugehen. Die Hundertjahrfeier Schönstatts kommt näher, und es soll nicht bloß darum gehen, sich zu erinnern und ein vergangenes Ereignis zu feiern, sondern als neue Gründergeneration auf die Straße zu gehen, um allen Schönstatt zu schenken. Darum möchten wir als Mannesjugend Träger werden und die "Cruzada 2014" vorbereiten, indem wir internationale Einheit leben, für eine Bündniskultur kämpfen und uns vom Feuer der Sendung entflammen lassen.

Wenn ich in einem Satz zusammenfassen sollte, was die Cruzada für uns war, dann kommt mir eine Frage in den Sinn, die eine Frau stellte, die staunend die vielen jungen Menschen anschaute, die da über die Anden zogen: "Wofür macht ihr das?" Und die Antwort war, wie aus der Pistole geschossen: "Für Maria!" Und wahrhaftig, für wen sonst könnte man etwas so Verrücktes machen? Ich persönlich jedenfalls für niemanden sonst auf der Welt.

Die Nationen zu Füßen Christi


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