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12. Februar 2015 | Deutschland | 

Miteinander – für ein besseres Morgen! - Flüchtlingsprojekt auf der Liebfrauenhöhe.


Ein neues Heim für einige Flüchtlinge (Fotomontage: Brehm)

Ein neues Heim für einige Flüchtlinge (Fotomontage: Brehm)

Hbre. Am 19. Februar werden im ehemaligen Schülerinnenwohnheim der Liebfrauenschule im Schönstatt-Zentrum auf der Liebfrauenhöhe in Rottenburg-Ergenzingen die ersten 16 Flüchtlinge erwartet. Damit beginnt an diesem Ort, an dem jahrelang an der Fachschule für Sozialpädagogik und an der Fachschule für Altenpflege Erzieherinnen und Pflegefachkräfte ausgebildet wurden, eine ganz neue Ära. „Die Anfrage vom Landratsamt Tübingen, ob wir Flüchtlinge aufnehmen könnten, kam genau in der Jubiläumswoche im Oktober 2014“, teilt Provinzoberin Schwester M. Siglinde Hilser mit und verortet diese Anfrage vorsehungsgläubig als eine Frucht des Jubiläums. „100 Jahre lang schenkte uns die MTA Segen. Wir wollen ihr, die in den Flüchtlingen erneut eine Herberge sucht, wie am Beginn unserer Schönstattgeschichte mit unserer Bereitschaft antworten.“

Miteinander - mit allen, die dieses Projekt unterstützen

Schon kurze Zeit nach dem Bekanntwerden des Projektes meldeten sich viele Leute, die mitmachen wollen, berichtet Sr. Siglinde: „Ich kann das Fahrrad von meinem verstorbenen Mann zur Verfügung stellen!“ „Wir möchten in den Kreis der Ehrenamtlichen aufgenommen werden!“ „Unser Hausarzt stellt seine Hilfe zur Verfügung.“ Unkompliziert sei es zu einem „runden Tisch Asyl“ auf der Liebfrauenhöhe gekommen mit Vertretern der bürgerlichen, der katholischen und der evangelischen Gemeinde Ergenzingen, Vertretern der beiden Nachbargemeinden, mit dem Landratsamt, Vertretern der Diözese und mit den Marienschwestern der Liebfrauenhöhe. Deutlich wurde, so die Provinzoberin, dass alle das Projekt positiv unterstützen wollen. In dieser Runde sei auch über das Motto „Miteinander – für ein besseres Morgen!“ befunden worden. Auch habe sich ein Kernkreis Asyl gebildet, der die Koordination der ehrenamtlichen Helfer übernehmen wird.

Informationstreffen zum Flüchtlingsprojekt im Kolpingsaal in Ergenzingen (Foto: Martina Lachenmaier)

Informationstreffen zum Flüchtlingsprojekt im Kolpingsaal in Ergenzingen (Foto: Martina Lachenmaier)

Unter dem Motto "Miteinander - für ein besseres Morgen!" stellte sich ein Podium den Fragen der Bevölkerung (Foto: Martina Lachenmaier)

Tobias Broch, Flüchtlingsbeauftragter des Bistums Rottenburg-Stuttgart, Provinzoberin Sr. M. Siglinde Hilser, Reinhold Baur, Ortsvorsteher von Ergenzingen, Karl-Heinz Meier und Kirsten Modest, Landratsamt Tübingen, Sr. Irena Kober (v.l.n.r.) stellten sich unter dem Motto "Miteinander - für ein besseres Morgen!" auf dem Podium den Fragen der Bevölkerung (Foto: Martina Lachenmaier)

Miteinander - Die verlorene Heimat durch Liebe ersetzen

Ende Januar kamen etwa 80 Personen aus Ergenzingen und den Nachbargemeinden zu einem Informationsabend in den Kolpingsaal der Gemeinde Ergenzingen, zu dem die Marienschwestern, das Landratsamt Tübingen und die Ortsverwaltung Ergenzingen gemeinsam eingeladen hatten. Bei der lebhaften Diskussion machte der Ergenzinger Ortsvorsteher Reinhold Baur deutlich, dass die Ergenzinger die Schwestern nicht alleine lassen wollen: „Wir wollen eine Willkommenskultur nach außen senden. Machen wir es miteinander. Jeder soll sich einbringen, wo es geht“, so Baur. Es sei vorgesehen, dass insgesamt 32 Flüchtlinge auf zwei Stockwerken des ehemaligen Wohnheimes der Fachschule einquartiert würden, machte Karl-Heinz Meier, Vertreter des Landratsamtes, deutlich. Damit sei die Liebfrauenhöhe einer von 40 Standorten im Kreis Tübingen, in dem rund 1.000 Flüchtlinge Aufnahme fänden. Es sei vorgesehen, so Meier, dass Flüchtlinge christlichen Glaubens im Schönstatt-Zentrum untergebracht werden sollen. Dies sei aber keine Bedingung der Schwestern, betonte Meier ausdrücklich.

Der Flüchtlingsbeauftragte der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Thomas Broch stellte den Zuhörern das schwere Schicksal der Menschen, die ihre Heimat verloren haben, vor Augen. „Kein Flüchtling flieht aus Übermut“, versicherte er. Deshalb sei es wichtig, dass die Flüchtlinge nicht als Gruppe an den Rand gedrängt würden, sondern die Chance erhielten, Teil der Gesellschaft zu werden. Dass die Marienschwestern als Gemeinschaft hier neue Wege gehen, sei, so Broch, sehr mutig und anerkennenswert.

Ein Lager mit ersten Hilfsgütern für die Flüchtlinge wurde eingerichtet (Foto: S-MS, LH)

Ein Lager mit ersten Hilfsgütern für die Flüchtlinge wurde eingerichtet (Foto: S-MS, LH)

Miteinander – mit denen, die im Hintergrund beten und opfern

Für Schwester Siglinde Hilser und Schwester Irina Kober, die bis Sommer 2014 Lehrerin an der Grund- und Hauptschule in Ergenzingen war und nun vorgesehen ist für die konkrete Begleitung der Flüchtlinge auf der Liebfrauenhöhe, war die Offenheit der Bevölkerung und die geäußerte Bereitschaft zur Mitarbeit wichtig. „Alleine schaffen wir es nicht. Und dass heute so viele da sind, macht mir Mut“, sagte die Provinzoberin. Darüber hinaus baut sie aber auch auf das Miteinander mit denen, die im Hintergrund beten und opfern und meint damit vor allem die älteren Schwestern auf der Liebfrauenhöhe. „Nicht wenige der Schwestern unserer Regina-Provinz haben selber in ihrer Kindheit die Flüchtlingsnot erlebt. Sie möchten die selber erlebte Hilfe zurückgeben. Wir vertrauen darauf, dass die Gottesmutter vom Heiligtum aus besonders die Gnade der Beheimatung schenkt.“

Miteinander mit Papst Franziskus und vielen Ordenleuten weltweit

Logo Jahr des geweihten Lebens DOK

Logo der Deutschen Ordensobernkonferenz DOK für das Jahr des geweihten Lebens

Der Beginn des Flüchtlingsprojektes auf der Liebfrauenhöhe fällt mitten ins „Jahr des geweihten Lebens“, das Papst Franziskus für die Zeit vom 1. Advent 2014 bis zum 2. Februar 2016 ausgerufen hat. Es kann damit auch eine Antwort sein auf die Erwartung von Papst Franziskus an geweihte Männer und Frauen, mit konkreten Gesten der Nächstenliebe auf die Not der Menschen heute einzugehen. „Ich erwarte von euch konkrete Taten der Aufnahme von Flüchtlingen, der Nähe zu den Armen“ schreibt der Heilige Vater in seinem „apostolischen Schreiben zum Jahr des geweihten Lebens“. Er erhoffe sich, so der Papst weiter, „die Wiederverwendung der großen Häuser für Werke, die den gegenwärtigen Erfordernissen der Evangelisierung und der Nächstenliebe mehr entsprechen, und die Anpassung der Werke an die neuen Bedürfnisse.“ Ein hoher Anspruch an die Schwestern der Liebfrauenhöhe, der Mut erfordert, wie es Thomas Broch beim Infoabend in Ergenzingen formulierte. Gleichzeitig aber auch, vorsehungsgläubig interpretiert, eine große Chance: „Miteinander – für ein besseres Morgen!“

Quellen: Mitteilung der Regina-Provinz der Schönstätter Marienschwestern und unter
Verwendung von Material aus einem Artikel von Martina Lachenmaier im Schwarzwälder Boten vom 24.1.2015

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