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30. Dezember 2009 | Rund ums Urheiligtum | 

Fast eine Weihnachtsgeschichte: ein verlorenes Heiligtum wird wiederentdeckt


Zeitungsausschnitt: Krippe im Heiligtum in Betzdorfmkf. Es ist fast eine Weihnachtsgeschichte, die Fabian Bodora aus Betzdorf am zweiten Weihnachtstag im PressOffice erzählt - eine Geschichte, die im Frühjahr 2008 mit einer Mail von ihm beginnt. Jede Menge Zeitungsausschnitte, auf dem großen Tisch im PressOffice ausgebreitet, der jüngste von Heiligabend mit einem großen Foto der Krippe im Heiligtum in Betzdorf, erzählen davon, dass die Heilgtümer der Dreimal Wunderbaren Mutter von Schönstatt tatsächlich von der Liebe ihrer Besucher leben... Und ein solcher Besucher, 22 Jahre alt und Lehramtsstudent (Theologie, Sozialwissenschaften, Deutsch), hat den Stein ins Rollen oder das Gnadenkapital zum Fließen gebracht.

Heiligtum in Betzdorf (Foto von 2008, vor der Renovierung) Am 27. Mai 2008 erscheint folgender Artikel in schoenstatt.de: „Fabian Bodora, Pfarrgemeinderats-Mitglied der Pfarrei St. Ignatius in Betzdorf an der Sieg, hat am Abend des 26. Mai einen Waldspaziergang gemacht, hin zu einer Kapelle, die heute vor genau 57 Jahren eingeweiht wurde: am 27. Mai 1951, als zehntes Schönstatt-Heiligtum weltweit und viertes in Deutschland nach dem Urheiligtum. "Erschrecken Sie nicht über den äußeren Zustand der Kapelle, Sie müssten sich erstmal innendrin umgucken! Heute habe ich zur "Feier des Tages" dreimal die Glocke auf eigene Faust geläutet, das bedrohliche Knacken des Holzes im "Glockenhäuschen" hat mich jedoch von weiterem abgehalten", schreibt er.

Aber Fotos hat er gemacht von dieser Kapelle, die so vertraut aussieht, weil sie dem Urheiligtum und den fast 200 Filialheiligtümern in allen Kontinenten so täuschend ähnlich sieht... Mitten im Wald und beinahe vergessen zieht die Dreimal Wunderbare Mutter von Schönstatt noch immer Herzen an sich, zumindest das von Fabian Bodora.

"Seit dem Jahre 1951 steht in unserer Stadt Betzdorf an der Sieg eine Schönstatt-Kapelle. Leider ist sie im Gemeindeleben unserer Pfarrei St. Ignatius im Verlauf der Zeit etwas in den Hintergrund geraten. Durch Bekanntschaft mit zwei Marienschwestern im Nachbarort (Kirchen) bin ich vor einigen Jahren auf Schönstatt und in diesem Zusammenhang dann auch auf unsere Kapelle aufmerksam geworden", schreibt Fabian Bodora. "Ich habe mir, auch in meiner Funktion als Pfarrgemeinderatsmitglied der Pfarrei St. Ignatius sowie durch mein Lehramtsstudium vorgenommen, alle Informationen etc. rund um die Kapelle zusammenzutragen, um mit einer möglichen Verschriftlichung diesem Bauwerk selber näher zu kommen bzw. es dadurch auch anderen nochmals ins Bewusstsein zu rufen."

Er erbittet dann "von Schönstatt" Informationen über diese Kapelle. An gutem Willen und an Telefonaten scheitert es nicht. Doch die Informationslage ist mehr als spärlich. Einige "altgediente" Schönstätter aus der Nähe erfahren erst durch die Anrufe aus dem PressOffice von der Existenz dieser Kapelle." Soweit der Artikel vom Mai 2008.

Fast eine Weihnachtsgeschichte...

Spurensuche

Mehrere Wochen später entdeckt Schw. M. Bernfriede im Archiv der Schönstätter Marienschwestern einige Dokumente über diese Kapelle, auf dem Grund der Pfarrei gebaut, eine Initiative von Betzdorfer Männern und Frauen, die sich Schönstatt tief verbunden fühlen. Viel mehr an Informationen taucht nicht auf, außer dass es eine Verbindung nach Kirchen gibt; solange Schönstätter Marienschwestern dort wirkten, besuchten sie auch diese halb vergessene Schönstattkapelle immer wieder und beteten dort den Rosenkranz.

Viel mehr ergibt sich nicht, bis dann die Neugierde einiger lateinamerikanischer Schönstattpatres geweckt ist, die im August 2008 kurzerhand von ihrem Terziat in Schönstatt aus - nach mehreren Telefonaten, um herauszufinden, wie man an einen Schlüssel kommt und wo genau dieses Heiligtum ist - nach Betzdorf fahren. Sie finden das Heiligtum frisch geputzt, sonst aber in erbärmlichem Zustand vor...  Wer weiß, vielleicht hat diese Aktion etwas ausgelöst...

Denn heute steht das kleine Heiligtum auf dem Kreuzland bei Betzdorf frisch renoviert und in strahlendem Weihnachtsschmuck da!

Die letzten Schäden, die die Kapelle in ihrem Bestand bedrohten, gingen auf Orkan Kyrill zurück, der am 18. Januar eine Schneise der Verwüstung durch Europa zog. Zufall? Ein Bündnistag? Zumindest für das kleine vergessene Kapellchen in Betzdorf ein Glücksfall, denn die Sturmschäden machten klar: es muss etwas geschehen, oder dieses frühere Schmuckstück der Pfarrei geht ganz kaputt...

Neueinweihung im August 2009

Zeitungsausschnitte von der NeueinweihungAm 15. August 2009, dem Fest Maria Himmelfahrt, ist die „Kreuzland-Kapelle", wie sie in Betzdorf genannt wird, in Gegenwart von über 300 Menschen feierlich neu eingeweiht worden. Es ist eine festliche Andacht bei strahlendem Sonnenschein rund um die innen und außen renovierte Kapelle im Wald. Viele Menschen haben mit großem Eifer bei der Renovierung geholfen, eine Interessengemeinschaft hat sich gebildet, die für die weitere Instandhaltung sorgt. „Am Schluss waren viele doch sehr überrascht, wie viele Menschen zur Einweihung kamen", erzählt Fabian Bodora. „Irgendwie hat man doch gewusst, dass diese Kapelle zu uns gehört und wollte dabei sein, wenn sie wieder eröffnet wird." Zwei „rüstige Rentner", so heißt es in einem Artikel der Rhein-Zeitung, Malermeister Werner Höfer und sein Freund Edelbert Müller, hatten sich an die Arbeit gemacht, die Kapelle wieder herzurichten. Viel Arbeit, viel Engagement, auch viele Entdeckungen: es gibt Anschlüsse für Wasser und Strom, es gibt einen schönen Kreuzweg, an dem die Kolpingfamilie jedes Jahr in der Karwoche den Kreuzweg betet - die Stationen werden jetzt von je einer Familie betreut und schön hergerichtet.

Geschichtsstudium: Erinnerungen, alte Fotoalben und mehr

Parallel zur Renovierung beginnt in Betzdorf ein eifriges Geschichtsstudium. Der Bau der Kapelle wurde 1949 von einem Kreis von Marienverehrern, die mit Schönstatt verbunden waren, begonnen. Im Jahr 1951 zogen dann gut 3000 Menschen in Prozession zu der Kapelle zur feierlichen Einweihung; noch fehlte allerdings der Originalaltar, der erst am 8. Dezember 1953 eingeweiht wurde. Initiatoren waren die Geschwister Kölsch aus Betzdorf, die das Kapellchen als Dank für den Schutz durch die Gottesmutter im Weltkrieg erbauen wollten. Die katholische Jugend engagierte sich beim Bau, Familien trugen sich in Listen ein für die Ehrenwache im Kapellchen.

Ein doppeltes Weihnachtsgeschenk

Kurz vor Weihnachten gibt es ein doppeltes Weihnachtsgeschenk: ein Neffe der Familie Kölsch, der heute in Hamburg lebt, überlässt der Interessengemeinschaft Kreuzlandkapelle ein Fotoalbum mit historischen Aufnahmen der Baugeschichte, die viel Licht bringen in die Geschichte dieses Kapellchens. Und die Krippe, die Käthe Mester, 88, - Mitglied einer Schönstattgruppe - vor 20 Jahren auf dem Speicher des Kapellchens entdeckt und vor dem Verfall gerettet hat, ist zum Weihnachtsfest zurückgekehrt ins Heiligtum. Käthe Mester hat 30 Jahre lang die Kapelle betreut, hier gebetet ... und ist nun froh, dass Menschen aus Betzdorf sich ihrer Kapelle erinnert haben und sie neu mit Leben füllen.

Zun Füßen des Altars steht nun die Krippe: Maria, Josef, das Jesuskind. Ein Krippenstall, der noch dazu gehörte, ist zu kaputt, um noch renoviert zu werden - doch: Das ganze Heiligtum ist eine Krippe. Und die Fotos in dem großen Bericht der Rhein-Zeitung strahlen so viel Weihnachtsatmosphäre aus, dass man gerne eine Wallfahrt dorthin machen möchte...

Und dann bringt die Suche nach Informationen über die Kapelle noch etwas zu Tage, das auch Fabian Bodora und die Betzdorfer vermutlich nicht wissen...

Eine besondere Verbindung zum Urheiligtum...

In einem Dokument der Schönstatt-Patres, veröffentlicht auf www.urheiligtum.de findet sich folgende Notiz:

Eine der letzten Amtshandlungen von P. Michael Kolb als Rektor Ecclesiae des Urheiligtums war die Übergabe des alten Altarsteins aus dem Urheiligtum an den Erbauer des Schönstattkapellchens bei Betzdorf. Der Pfarrer der Gemeinde, dem dann später das Kapellchen zum Pfarreigentum übergeben wurde, ließ mit sich reden. Er war einverstanden, als sich P. Vermeegen um den Altarstein bemühte, diesen gegen einen neu gefertigten Altarstein einzutauschen. Das ist am 1. Mai 1969 geschehen.

Der alte Altarstein der Urheiligtums war 1949 durch einen neuen ersetzt worden, Pater Kolb hob den alten ehrfürchtig auf. Später erbaten sich die Erbauer des Filialheiligtums in Betzdorf irgendein Zeichen vom Urheiligtum. Man bot ihnen den Altarstein an, und sie bekamen ihn. Von etwa 1953 an bis 1969 also war dieses Heiligtum in ganz besonderer Weise mit dem Urheiligtum verbunden...

Und offensichtlich wollte die Gottesmutter nicht weggehen von dort... Und nun lebt dieses Heiligtum neu von der Liebe seiner Besuche.


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