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15. Juni 2013 | Rund ums Urheiligtum | 

Wir nehmen unser Land unter die Füße…


"Die Würde des Menschen ist unantastbar." Ein Pilgerweg, der von gesellschaftlichen Anliegen durchdrungen war (Foto: Menzenbach)

"Die Würde des Menschen ist unantastbar." Ein Pilgerweg, der von gesellschaftlichen Anliegen durchdrungen war (Foto: Menzenbach)

Hbre. Zu einem Pilgerweg, der sich an historischen Orten mit dem Grundgesetz, mit dem Thema Arbeit, mit dem Einsatz für das Leben und - im Zusammenhang mit der Erinnerung an nationalsozialistische Verbrechen - mit der Würde des Menschen beschäftigt, zu einem Pilgerweg mitten durch die Großstadt Koblenz, zu einem solchen Pilgerweg hatten einige kreative Schönstätterinnen aus dem Bistum Trier für den 31. Mai eingeladen. Leider waren für diesen Tag auch 200 Liter Regen je Quadratmeter vom Wetterbericht vorhergesagt, und so war es nicht verwunderlich, dass sich nur eine ganz kleine Gruppe Frauen von Schönstatt und Schönstätter Akademikerinnen auf diesen ganz anderen Pilgerweg wagten.

Aufmerksam werden für Lebenssituationen und Lebensrealitäten

„Wenn wir als deutsche Schönstatt-Bewegung am 19. Oktober das Liebesbündnis für die Menschen in unserem Land schließen, dann sind damit alle Menschen in unserem Land gemeint, in all ihren Lebenssituationen und Lebensrealitäten,“ erklärt Inge Wilhelm, die sich besonders für die Verwirklichung dieses Pilgerweges eingesetzt hat. „Deshalb wollten wir einen Weg mitten durch die Stadt nehmen, der uns sozusagen mit unseren Mitbewohnern und ihren Lebensrealitäten konfrontiert und uns aufmerksam darauf macht, welchen Menschen wir mit Achtung und Liebe begegnen wollen, zu welchen Menschen wir mit unserem Liebesbündnis ein vorbehaltloses Ja sagen und leben wollen.“ In dieser Hinsicht wolle die Schönstatt-Bewegung mit dem Liebesbündnis am 19. Oktober ihre Mitverantwortung für eine solidarische Gesellschaft deutlich machen und dazu beitragen, dass innerhalb der Kirche und über sie hinaus „Netzwerke der Beheimatung“ entstehen, wie es der Leiter der Schönstatt-Bewegung in Deutschland in einem Artikel in der Zeitschrift Regnum zum Ausdruck gebracht habe.

Eine kleine Gruppe Schönstätterinnen begann den Pilgerweg am Erinnerungsstein auf dem Koblenzer "Rittersturz" (Foto: Menzenbach)

Eine kleine Gruppe Schönstätterinnen begann den Pilgerweg am Erinnerungsstein auf dem Koblenzer "Rittersturz" (Foto: Menzenbach)

Regenschwaden hängen in der Luft über dem Rheintal - aber das Wetter hätte auch noch schlechter sein können (Foto: Menzenbach)

Regenschwaden hängen in der Luft über dem Rheintal - aber das Wetter hätte auch noch schlechter sein können (Foto: Menzenbach)

Das Grundgesetz als Basis für die solidarische Gesellschaft

„Im Zusammenhang mit der solidarischen Gesellschaft ist uns sofort das Grundgesetz unseres Landes eingefallen,“ erzählt Inge Wilhelm „und von da war es nicht mehr weit bis zu der Idee, den Pilgerweg durch Koblenz am 'Rittersturz' zu beginnen.“ Inge Wilhelm: „Am sogenannten Rittersturz gab es früher ein bekanntes Hotel auf einer Anhöhe über Koblenz mit einem herrlichen Rundblick über das Rheintal bis hin nach Vallendar. In diesem Hotel, das es heute nicht mehr gibt, tagten vom 8. bis 10. Juli 1948 die westdeutschen Ministerpräsidenten, um über die Aufforderung der Westalliierten zu beraten, aus den drei Westzonen einen eigenen Staat zu gründen. Ein eigener Weststaat bedeutete jedoch die Teilung Deutschlands. So einigten sich die Ministerpräsidenten darauf, nur ein ‚Provisorium‘ zu schaffen, weshalb es auch keine endgültige Verfassung, sondern nur ein ‚Grundgesetz‘ geben sollte. Der Rittersturz ist also ganz entscheidend mit diesem Grundgesetz, das dann später doch den Rang einer vollständigen Verfassung erhielt, verbunden.

Die Tatsache, dass dieser wichtige historische Ort unseres Landes hier in Koblenz ist, war für uns Grund genug, einmal die Grundkräfte, die dieses Grundgesetz prägen, in den Blick zu nehmen und sie auf dem heutigen Zeithintergrund neu zu bedenken. Und was liegt näher, als in diesem Jahr der Vorbereitung auf das ‚Liebesbündnis für die Menschen in unserem Land‘ dieses Anliegen auf einen Pilgerweg mitzunehmen.“

Statue des heiligen Josef in der Pfarrkirche St. Josef in Koblenz (Foto: Wikipedia, 4028mdk09)

Statue des heiligen Josef in der Pfarrkirche St. Josef in Koblenz (Foto: Wikipedia, 4028mdk09)

St. Martin und der Bettler: Glasfenster im evangelischen Stift in Koblenz (Foto: HB)

St. Martin und der Bettler: Glasfenster im evangelischen Stift in Koblenz (Foto: HB)

Pilgerweg mit vier Stationen

Trotz des als widrig angesagten Wetters fand dieser Pilgerweg vom Rittersturz in Koblenz zum Heiligtum der Dreimal Wunderbaren Mutter von Schönstatt in Vallendar am 31. Mai statt. An vier Stationen kamen wichtige Aspekte des Grundgesetzes zur Sprache. An der Gedenkstätte Rittersturz selbst stand der Gottesbezug der Präambel des Grundgesetzes und der Bundesgedanke („Bundesrepublik“) im Zentrum der Überlegungen und der Gebete. In der Pfarrkirche St. Josef in Koblenz, in der nicht nur die Glasfenster vom Pflegevater Jesu, dem Heiligen Josef, dem Patron der Arbeiter, erzählen, richtete die Gruppe den Blick auf die menschliche Arbeit und auf Menschen mit und ohne Arbeit. In der Krankenhauskapelle des ev. Stifts, in der ein großes Glasfenster den Heiligen Martin zeigt, der dem Bettler „auf Augenhöhe“ begegnet, wurde der Umgang mit Schwachen und Behinderten und der Einsatz für das Leben besonders thematisiert.

Die vierte Station war schließlich an der Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus im Koblenzer Gerichtsviertel. Ganz in der Nähe dieser Gedenkstätte befindet sich auch die Bronzeplakette, die an den Ort der Inhaftierung Pater Josef Kentenichs in der NS-Zeit im sogenannten Karmelgefängnis in Koblenz erinnert. Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar…“, stand hier im Fokus der Gedanken und Gebete. Darüber hinaus wurden exemplarisch Personen aus Koblenz vorgestellt, die von den NS-Schergen verfolgt und in ein KZ verbracht worden waren. Neben Pater Kentenich waren das die Frau von Schönstatt Lotte Holubars, die Sinti-Familie Reinhardt und der jüdische Jurist Dr. Georg Krämer. Seinen Abschluss fand der Pilgerweg in der Gnadenkapelle in Schönstatt, im Urheiligtum der internationalen Schönstatt-Bewegung.

Für die eigenen Überzeugungen zu werben – Schritt für Schritt

„Wir haben unser Land unter die Füße genommen, und mit jedem Schritt wurde uns deutlicher, dass die Bundesrepublik auf einem festen Fundament christlicher Werte errichtet wurde“, fasst Inge Wilhelm ihre Erfahrungen dieses Tages zusammen. „Dass heute nur noch eine Minderheit hinter solchen christlichen Grundüberzeugungen steht, wird zwar täglich in den aktuellen Diskussionen und politischen Entscheidungen sichtbar. Umso mehr sind wir aber herausgefordert, in der Vorbereitung auf das ‚Liebesbündnis mit den Menschen in unserem Land‘ Flagge zu zeigen und für unsere Überzeugungen zu werben – Schritt für Schritt! - Und übrigens: Die 200 Liter Regen blieben aus, vielleicht ja doch ein gutes Zeichen!“

"Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt."; "Erhalten, was wichtig ist"; "BadReligion": Rand- und Kontrastprogram auf dem Pilgerweg durch die Straßen einer heutigen Stadt  (Foto: Menzenbach)

"Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt."; "Erhalten, was wichtig ist"; "BadReligion": Rand- und Kontrastprogram auf dem Pilgerweg durch die Straßen einer heutigen Stadt  (Foto: Menzenbach)


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