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18. Mai 2013 | Worte des Bewegungsleiters | 

Jedem Menschen mit Achtung und Liebe begegnen


Jahresmotto 2013 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland

Jahresmotto 2013 der Schönstatt-Bewegung in Deutschland

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstatt-Bewegung!

Hinter uns liegen wieder einmal bewegende Wochen in der Zeit-Entwicklung: Rücktritt von Papst Benedikt und Neuwahl des Heiligen Vaters; Syrien, Mali, Korea …
Was vor Wochen zunächst nur eine unbestimmte Hoffnung sein konnte, wurde uns in der Zwischenzeit durch die vorsehende Liebe Gottes „von oben“ geschenkt: In der Wahl von Jorge Mario Bergoglio / Papst Franziskus ist tatsächlich etwas wie österliche Hoffnung und ein faktischer Neubeginn fassbar geworden in Kirche und Welt …

Marienliebe und Liebe zu den Armen

Im Maimonat legt es sich nahe, den Blick zu richten auf die Marienfrömmigkeit des Heiligen Vaters. Wir haben bislang noch kein ausführlicheres Dokument seiner marianischen Ausrichtung. Aber wir haben Hinweise auf eine persönliche Marienfrömmigkeit, denen wir folgen können: Ich denke an den Stern auf seinem Wappen, wohl zum Ausdruck bringend, dass ihm die Gestalt der Gottesmutter und die Beziehung zu ihr kostbar ist. Ich denke auch an sein besinnliches Verweilen vor der Statue Mariens am Schluss des Einführungsgottesdienstes am Josefsfest.

Darüber hinaus dürfen wir annehmen, dass seine Marienliebe und seine Liebe zu den Armen nicht einfach unverbunden nebeneinander stehen, sondern organisch miteinander verknüpft sind. Und es wäre schön, darüber authentische Ausführungen von ihm selbst zur Hand zu haben … (die vielleicht noch zu erwarten sind!). In Ermangelung eines solchen persönlichen Zeugnisses scheint es mir möglich und sinnvoll, einem einschlägigen Motiv nach dieser Richtung bei der heiligen Theresia von Lisieux zu folgen, deren Marienfrömmigkeit von der wirklichen und geistlichen Armut Mariens geprägt ist. In diesem Sinne einige Zeilen aus dem Gedicht: „Warum ich dich liebe, Maria“

„Ich möchte singen, Mutter, warum ich dich liebe …
Und warum es meiner Seele
Keinen Schrecken einflößen kann,
An deine höchste Größe zu denken.
Wenn ich dich in deiner
Erhabenen Glorie betrachten würde …

Dann könnte ich nicht glauben,
Dass ich dein Kind bin;
Ach, dann müsste ich vor dir, Maria,
Die Augen senken. …

Ich weiß, Jungfrau voll der Gnaden,
Dass du ganz arm in Nazaret lebtest
Und nichts weiter verlangtest:
Keinerlei Verzückungen, Wunder oder Ekstasen
Verschönten dein Leben …
Die Zahl der Kleinen ist ja so groß auf Erden;
Sie können ohne Zittern zu dir die Augen erheben,
Weil es dir gefiel, du unvergleichliche Mutter,
Auf dem gewöhnlichen Weg zu gehen,
Um sie zum Himmel zu führen! …

Ich will mit dir leben und jeden Tag dir folgen.
Jungfrau, wenn ich dich betrachte,
Tauche ich entzückt tief unter
Und entdecke in deinem Herzen
Die Abgründe der Liebe.
Dein mütterlicher Blick verbannt all meine Ängste;
Er lehrt mich, wie ich weinen soll
Und wie mich freuen.
Anstatt die Tage heiliger Feste zu verachten,
Willst du auch sie mit uns teilen
Und bist bereit, sie zu segnen.

Das Haus des heiligen Johannes
Wird deine letzte Heimstatt;
Der Sohn des Zebedäus hat Jesus ersetzt!
Dies ist die letzte Einzelheit,
Die das Evangelium berichtet;
Von der Jungfrau Maria spricht es nicht mehr.
Aber, geliebte Mutter,
Enthüllt nicht sein tiefes Schweigen,
Dass nunmehr das göttliche Wort selbst
Die Geheimnisse deines Lebens besingen will,
Um deine Kinder zu erfreuen
Und alle Auserwählten im Himmel? …“

(Vgl. M. Breig SJ (Hrsg.) Gedichte der heiligen Theresia von Lisieux, Prosaübersetzung, Johannes-Verlag Leutesdorf 1990, S. 165 ff.)

Maria ist mehr Mutter als Königin

Soweit diese wenigen Stellen aus dem langen Gedicht der heiligen Theresia von Lisieux, deren Marienfrömmigkeit in gewisser Weise zusammengefasst ist in dem Wort: Maria ist mehr Mutter als Königin. Sie will damit sagen, ohne selbstverständlich die königliche Würde und Macht Mariens leugnen zu wollen, dass nicht die „gesellschaftlich-hierarchische“ Stellung Mariens ihre Beziehung zu uns prägen soll, sondern ihre mütterliche Liebe und damit menschliche Nähe zu allen Menschen, um derentwillen er, der „Erlöser des Menschen“, in die Welt gekommen ist …

Vielfältige Formen der Armut

Verweilen wir einen Augenblick beim Geheimnis der realen und geistlichen Armut Mariens und ihrer Nähe zu den Armen in dieser Zeit und in jeder Zeit. Die Lebensgeschichte von Papst Franziskus ist zunächst wesentlich bestimmt durch die große Zahl der sozial Armen des Kontinents Lateinamerika, aus dem er kommt. Die große Zahl besagt gerade auch, dass die Armen jener Länder (und die Länder Asiens und Afrikas mitgemeint) kirchlich gesehen zu denen gehören, welche „draußen“ sind. In markanter Weise hat Papst Franziskus ja gleich zu Beginn seiner Amtsübernahme darauf hingewiesen, die Kirche gehöre auf die Straße und zu denen, die außerhalb der kirchlichen Hürde leben und versuchen, durchzukommen mit dem, was ihnen zur Verfügung steht oder aber überlassen wurde … Aber: Es gibt, wie wir wissen, verschiedene Formen der Armut, nicht nur die soziale der Menschen, welche mehr oder weniger am Rand der Gesellschaft leben; es gibt die geistige Armut, welche oftmals gegeben ist mit wenig realisierbaren Bildungschancen. Und es gibt eine religiöse Armut – nicht gemeint das geistliche Armsein im Sinne der Seligpreisung: Selig, die vor Gott arm sind, sondern jenen Zustand des menschlichen Herzens, das sein „Hängen an Gott“ (Augustinus) eingebüßt hat und nicht selten im Niemandsland seelischer Gebundenheit sein Dasein fristet.

Wie immer sich soziale Armut, geistige und geistliche Bedürftigkeit aufteilen mag zwischen der Ersten Welt Europas und der Vereinigten Staaten, der sogenannten Schwellenländer und den wirtschaftlichen Habenichtsen einzelner Länder in den verschiedenen Kontinenten: Die religiöse Armut ist auch eine Form von Mangel und Entbehrung, und wir sollten uns gerade unter dem Gesichtspunkt von Armut und Bedürftigkeit nicht nur als die möglicherweise Gebenden (in Form von Misereor und Adveniat-Kollekten) empfinden, sondern uns eins wissen mit den verschiedenen Formen der Armut in aller Welt …

Jedem Menschen mit Achtung und Liebe begegnen

Eine Verbindungslinie schließlich zu dem, was uns als Schönstattfamilie in diesem Jahr besonders bewegt: Das Jahr der apostolischen Strömung hat einen direkten Bezug zu denen, „die draußen sind“. In diesem Sendungsjahr geht es ja gerade darum, den Blick zu richten auf die Menschen, welche äußerlich nicht zur Kirche gehören und doch die in jedem Menschen wirksame Sehnsucht nach dem Unendlichen im Herzen tragen. –

Wenn wir im kommenden Oktober das „Liebesbündnis für die Menschen in unserem Land“ schließen, dann, so scheint mir, liegt auch das ganz auf der Linie dessen, was uns in der Gestalt des Heiligen Vaters nahekommt: Jedem Menschen mit Achtung und Liebe zu begegnen, sich für jeden Menschen zu öffnen, ohne zunächst nach seinem Status, seiner Brauchbarkeit und Nützlichkeit zu fragen. In diesem Liebesbündnis für jedweden und mit denen, welche uns eher punktuell begegnen oder zu unserem dauernden Umkreis gehören, ist etwas von jener franziskanischen Geschwisterlichkeit, welche unser neuer Heiliger Vater in seinem Leben praktiziert und für die er eine den Menschen zugewandte Kirche gewinnen will. Wer in diesen Wochen der Einladung folgt, das Liebesbündnis für die Menschen unseres Landes ganz konkret zu schließen, ist schon mit auf dem Schiff Petri, das Kurs nimmt auf den Menschen, wie er wirklich ist, und uns konkret begegnet! Nehmen wir den Heiligen Vater und seine ersten Schritte und seine Mitarbeiter/-innen gerade während der Pfingstnovene und der pfingstlichen Tage mit ins Coenaculum.

Uns allen eine geistlich-lebendige, gesegnete österlich-pfingstliche Zeit, verbunden mit herzlichen Grüßen aus der Nähe des Urheiligtums,

Ihr

P. Dr. Lothar Penners

Leiter der Schönstatt-Bewegung in Deutschland


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