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18. Dezember 2011 | Worte des Bewegungsleiters | 

Maria, adventliches Heiligtum Gottes in der Welt


Liebe Leserinnen und Leser des Bündnisbriefes,
liebe Mitglieder und Freunde der Schönstattbewegung,

Eine adventliche Geschichte zu Beginn

Zur Einstimmung auf unsere Bündnisfeier im Monat Dezember zunächst eine kleine „adventliche“ Geschichte aus dem Kinderland: Ein kleiner Johannes hatte im Sonntagsgottesdienst aufgenommen, dass es so etwas wie „Verheißungen“ gebe. Die Mutter erklärt ihm dann, dass es Dinge gebe, die versprochen seien, aber auf die man unter Umständen lange warten müsse; wie zum Beispiel das Volk Israel auf den Messias und die Kinder auf die Bescherung am Heiligen Abend.

Mit diesem Basis-Wissen stieg der kleine Johannes, wohl ausgerüstet mit seinen Badespielzeugen, in das von der Mutter eingeleitete Vollbad. Nun „musste“ bzw. durfte er ungewöhnlich lange in der Wanne verweilen, dieweil sich die Mutter in der Küche ihrer Weihnachtsplätzchen annehmen wie auch einer Nachbarin widmen musste und darüber den kleinen Johannes – fast – vergessen hatte. Als sie schließlich nach ihm schaut, strahlt er sie ganz begeistert an und meint: Das war die schönste „Verheißung“ in der letzten Zeit! – Offensichtlich wurde das „heiße“ Wasser für ihn zunehmend angenehmer und das Spielen im Wasser immer mehr zu einer Herzenslust. –

Wenn der Ernst der Zeit und das Spielen nach Herzenslust so problemlos miteinander gingen, wäre das nicht eine Art Rückkehr ins Paradies? – Wir wissen, dass zu unserer menschlichen Lebens-Zeit auf eine ernste, wenn nicht schmerzliche Weise ein Auf-sich-warten-Lassen von Hoffnungen gehört: das „Noch nicht“ und „Nicht jetzt“!

Ich meine, dass die Spannung im Sich-Einlösen unserer Lebenserwartungen und ihrer Erfüllung etwas zu tun hat mit dem Aufsuchen unserer Heiligtümer.

Gott ist immer fern und nah bei seiner Welt und unserem menschlichen Leben. Aber es gibt unterschiedliche Erfahrungen von diesem Nah- und Fernsein Gottes. In der Geschichte des Glaubens sind Heiligtümer, wie wir uns in diesem Jahr von verschiedenen Seiten aus immer neu bewusst werden, in besonderer Weise Orte erfahrener Gottesnähe geworden.

Was ein Heiligtum zu einem Heiligtum macht ...

Von der Nähe Gottes zum heiligen Ort des Tempels spricht in der Heiligen Schrift das große Gebet, das der König Salomon bei der Einweihung des Tempels in Jerusalem gesprochen hat (vgl. 1 Kön 8 das ganze Kapitel; hier 8,26 ff.):

„Wohlan, Gott Israels, möge deine Verheißung wahr werden, die du deinem Knecht, meinem Vater David gegeben hast! Ja, aber wohnt Gott wirklich mit dem Menschen auf der Erde? Siehe, der Himmel und der Himmel der Himmel können dich nicht fassen, geschweige denn dieser Tempel, den ich erbaut habe. –

Doch wende dich zu dem Gebet deines Knechtes und zu seinem Flehen, Herr, mein Gott, in dem du auf den Ruf und die Bitte hörst, die dein Knecht heute an dich richtet! Lass deine Augen geöffnet sein über diesem Haus bei Tag und bei Nacht, über der Stätte, von der du verheißen hast: Mein Name soll dort wohnen. Höre auf das Gebet, das dein Knecht an dieser Stätte verrichtet ...

Die Nähe Gottes „im“ Heiligtum ist für das Verständnis der Heiligen Schrift nichts Magisches. Sie ist verbürgt dadurch, dass die Augen Gottes auf dem Heiligtum ruhen und dass er versprochen hat, seinen Namen dort wohnen zu lassen. Das Wohnen Seines Namens ist dann wiederum das Unterpfand, dass Gott gerade dort angerufen werden kann.

Heiligtum ist überall da, wo Gottes Augen mit besonderer Wärme auf einem „Ort“ ruhen, auf einen Ort in der Welt schauen und sein Name gegenwärtig ist. In dieser Hinsicht können wir sagen, dass der Gott des Lebens und der Gott der Heiligtümer – wie könnte es auch anders sein! – sehr nah miteinander verbunden sind, nicht zuletzt auch deswegen, weil wir ja nicht verschiedene „Götter“ annehmen.

Sie liegen deswegen nah beieinander, weil er – wir erinnern uns: Gott ist ein Gott des Lebens – uns in allem nahe sein will und sein kann. Aber gerade die Tatsache, dass Gott uns überall begegnen kann, schließt die Verdichtung von Gotteserfahrungen an bevorzugten Orten nicht aus, sondern ein. Auf diese Weise haben sich insbesondere „Heiligtümer“ gebildet aus einer gemeinsamen Gotteserfahrung. Dem Gott des Lebens begegnen wir eben auf verschiedenen Wegen unseres menschlichen Lebens. Heiligtümer setzen in der Regel voraus, dass sich spezielle Gotteserfahrungen mitteilen lassen und in zunehmendem Maße auch eine menschliche Gemeinschaft erfassen und prägen ...

Maria, adventliches Heiligtum Gottes in der Welt

In diesen Wochen schauen wir in besonderer Weise auf die Magd des Herrn, den Menschen, die Frau Maria, auf der die Augen der erwählenden Liebe Gottes besonders geruht haben.

Von Maria heißt es in einem Hochgebet der Liturgie nach einem Hinweis auf die Begnadung und Heiligung aller Glaubenden und Getauften: „Du, Gott, bereitest dir in unseren Herzen eine Wohnung, die du durch die Gnade des Heiligen Geistes erleuchtest und reinigst und durch deine Gegenwart heiligst. Die selige Jungfrau Maria (aber) hast du erwählt zu einem einzigartigen Tempel deiner Herrlichkeit. Durch ihren Gehorsam im Glauben und durch die Menschwerdung deines Sohnes ist sie das goldene Haus, das vom Geist mit aller Tugend geschmückt ... den Urheber des neuen Gesetzes birgt, unseren Herrn Jesus Christus ...“

Weil Maria diese Lebensfülle der Gnade geschenkt ist, gerade deswegen hat sie Auge und Herz für alles Ausstehende unserer menschlichen Hoffnung und die Defizite unserer menschlichen Verhältnisse; für jede Form von Beziehungsarmut im menschlichen und religiösen Bereich; hat sie ein Gespür für das, was und wo es fehlt in unserem Menschsein. –

Aus diesem Grunde hat jemand wie Pater Kentenich davon gesprochen, dass Maria die zusammengefasste Sehnsucht des Menschen nach der Erlösung geworden ist. In der Nazareth-Hore unserer „Dachau-Gebete“ heißt es: „Dein Heiligtum ist unser Nazareth, das in der Nacht der Zeit verborgen steht. ...“ (vgl. „Himmelwärts“)

Pater Kentenich setzt also voraus, dass es in unserer Heiligtumsspiritualität darum geht, dass die Gegebenheiten der Heilsgeschichte, die mit bestimmten Orten verbunden sind, auf sinngemäße Weise eine Vergegenwärtigung erfahren. Dazu ist es erforderlich, das mit Blick auf das Jawort Mariens in Nazareth gesagt, sich die Sehnsucht nach der Erlösung, nach dem Heilsein und Heilwerden des Menschen wiederholt bzw. Gegenwart wird. Dies setzt wiederum Menschen voraus, welche wie Maria die Zeitnöte wahrnehmen und nach ihren inneren und äußeren Lösungen Ausschau halten bzw. beides von Gott erwarten und erbitten und dafür, soweit es in ihren Kräften steht, auch ihre Mitarbeit anbieten. Für unsere Heiligtumspraxis wird das heißen: Wir bringen die Sehnsucht nach „des Heiles Morgenröte“ mit ins Heiligtum. Wir schauen dabei nicht nur auf das, was uns selbst und unseren engeren Umkreis bewegt – das geschieht meist von selbst ?, wir schauen auch auf das, was die Öffentlichkeit bewegt, wie auf das, wo wir uns persönlich oder gemeinsam ohnmächtig erleben. In besonderer Weise mag es Gott und der Gottesmutter gefallen, wenn wir, sei es, dass wir uns zu einer der klassischen Tagzeiten-Stunden im Heiligtum befinden, etwa gegen 9.00, 12.00, 15.00 oder 18.00 Uhr, und dort auf andere Beter/-innen treffen, uns gegenseitig ermuntern, gemeinsam die betreffende Tagzeit aus dem Schönstatt-Offizium zu beten. Dabei können wir, es mag am Anfang einen gewissen „Mut“ kosten, uns auch gegenseitig Anliegen sagen, die uns zur Stunde und bei dieser Gelegenheit bewegen.

Zur Lebendigkeit jeder Heiligtumsströmung gehört es, dass sie immer auch lebendige Gebetsbewegung ist und es noch mehr werden kann ...

Wir hatten einen gelungenen Start ins Jahr der Heiligtumsströmung ...

Liebe Schönstattbewegung, nach der Oktobertagung, dem Schönstatt-Tag und den Jahrestagungen unserer Gliederungen habe ich den Eindruck: Wir sind gut gestartet in unser zweites Vorbereitungsjahr auf das Jubiläum, welches eben der Heiligtumsströmung gilt, von der unsere weltweite Schönstattfamilie erfasst ist. Es scheint, dass eine neue, schöpferische Liebe zum Heiligtum wach wird, in der sich die gemachten Erfahrungen mit dem Gott des Lebens sammeln und verdichten. Nicht zuletzt bewegt uns als Familie in diesen adventlichen Wochen, dass sich im Blick auf das nächste Jahr auch gute Lösungen in allen Fragen um das Urheiligtum abzeichnen und realisieren lassen.

Mit frohen adventlichen Grüßen vom (Ur-)Heiligtum in unserer Mitte
Ihr

P. Dr. Lothar Penners
Leiter der Schönstattbewegung in Deutschland


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