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18. November 2011 | Worte des Bewegungsleiters | 

Der Gott des Heiligtums


Liebe Leserinnen und Leser des Bündnisbriefes,
liebe Mitglieder und Freunde unserer Schönstattbewegung,

mit unseren Oktoberveranstaltungen, Delegiertentreffen und „Schönstatt-Tag“, sind wir ein­ge­­treten in das zweite Jahr unserer Vorbereitung auf 2014: Ein Jahr der Heiligtumsströmung. Wir alle haben in der Zwischenzeit unser zentrales Motto aufgenommen: Ein Heiligtum in unserer Mitte. Es geht also um die Vertiefung unserer fruchtbar gewordenen Bindungen an das Heiligtum und ein Zeugnisgeben für die Fruchtbarkeit des Heiligtums in der jetzigen Situation der Kirche und des Glaubens überhaupt.

Wir lassen den Gott des Lebens nicht hinter uns

Mit dieser Konzentration auf den heiligen Ort und sein Heiligtum lassen wir den Gott des Lebens nicht hinter uns.

Dass Gott spricht, um uns zu begegnen, in allen Dingen, Personen und Ereignissen, haben wir im vergangenen Jahr vertieft. Uns ist auch deutlich geworden, dass die Botschaft vom Gott des Lebens die Lebensproblematik vieler Menschen und der Kirche berührt.

In unserem Zugehen auf das Jubiläumsjahr 2014 verlassen wir diese Spur nicht! – Einmal, weil für die religiöse Situation in unserer Kultur die Botschaft von Gott grundlegend und in diesem Sinne zentral ist. Gerade in dieser Hinsicht waren und sind unsere Bemühungen gleichgerichtet mit einem Schwerpunkt von Papst Benedikt XVI. In den letzten Jahren, nicht zuletzt bei seinem Deutschlandbesuch, hat er immer wieder die Bedeutung der Theozentrik, die lebensmäßige Fühlungnahme mit dem lebendigen Gott, ins Spiel gebracht!

Aber auch in unserem Grundanliegen als Schönstattfamilie, im Umkreis des Jubiläums die dreifache Botschaft Schönstatts aufzuschließen und einzubringen in unser Umfeld, bleiben wir in der Spur des vergangenen Jahres.

Das geht, wie wir wissen, nicht einfach in einem Jahr! Die Botschaft vom Gott des Lebens könnte so etwas wie der Dauerton sein, der von Schönstatt aus erklingt; eine Art Generalbass, auf dem andere Töne vernehmbar werden, im Ganzen müsste dann das Liebesbündnis gleichsam die zentrale Melodie sein!

Der Gott des Lebens ist der „Gott“, der in allem spricht, was für unser Leben bedeutsam ist: Nahes und Fernes; Frohmachendes und Schweres; Zeitbedingtes (wie hoffentlich die Eurokrise) und „Ewiges“, wie das Rauschen des Meeres oder die Majestät der Berge!
Es scheint aber, dass „Gott“ noch einmal besonders spricht an heiligen Stätten und in der Berufung von Personen. Der Tempel von Jerusalem war für Israel ein Ort besonderer Nähe Gottes. Seine Patriarchen – Abraham, Isaak und Jakob – waren „Orte“, an denen aufleuchtete, dass der lebendige Gott Menschen beruft und berühren kann in den je neuen Begegnungen seiner geheimnisvollen, aber wirklichen Gegenwart!
Als Christen wissen wir, dass Jesus nicht irgendein religiöses Genie neben anderen ist, sondern die Mitte aller Gotteserfahrungen, die dem Menschen geschenkt werden können.
Der heilige Paulus umschreibt sehr schön, wenn er Gottes frühes Geschenk an die Schöpfung in Verbindung bringt mit dem Licht-Hunger in unseren Herzen und dem göttlichen Glanz auf dem Antlitz Christi. In seinem zweiten Brief an die Korinther schreibt der Apostel:
„Denn Gott, der sprach: Aus Finsternis soll Licht aufleuchten!, er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi.“ (2 Kor 4,6)

Der Gott der Schöpfung, zu der gerade auch das Geschenk des Lichtes gehört, senkt mit dem Licht der Gestirne den Sinn für das Licht Gottes in unsere Herzen und lässt diese anfanghaft zu Herzensheiligtümern werden, die sich immer schon ausgestreckt haben nach dem Licht und deswegen empfänglich sind für den „göttlichen Glanz auf dem Antlitz Christi“. Ohne Widerschein dieses göttlichen Glanzes gibt es kein Herzensheiligtum! Von hierher geht unser Blick auf die Gottesmutter Maria: Mariens Antlitz, Herz und Schoß, jenes Heiligtum, in dem das gottmenschliche Leben Christi empfangen wurde und wachsen durfte bis zu seiner „Epi­pha­nie“ in der Welt. 

Wir fragen also zu Beginn unseres zweiten Vorbereitungsjahres nach dem Zusammenhang zwischen dem Gott des Lebens und dem Gott der Heiligtümer.

Der Gott des Heiligtums

Wenn wir nun den Blick richten auf unser Schönstattheiligtum, entdecken wir nochmals einen engen Zusammenhang zwischen dem Werden des Heiligtums und dem praktischen Vorsehungsglauben. Dieser ist die Erkenntnisquelle gewesen, welche Pater Josef Kentenich auf die Idee kommen ließ: Das Werden eines Gnadenortes könne im Plane der göttlichen Vorsehung liegen, um das Leben der jungen Kongregation zu größerer Blüte zu führen und, nicht weniger entscheidend, die jungen Menschen angesichts des ausgebrochenen Weltkrieges in besonderer Weise zu beheimaten ...

Die Erkenntnisquelle des Vorsehungsglaubens verband sich mit der Lebensquelle (J. K.), dem Liebesbündnis. Immer ist die Liebe der Quellgrund von Lebensreichtum! – Wie reich ist unse­re Familie geworden durch den „Güter-, Herzens- und Interessenaustausch“ mit der Gottesmutter Maria. Darum geht es jeweils zentral gerade auch bei jeder Feier des Bündnistages! Wir halten ihn nicht um der Beibehaltung einer Tradition willen, sondern um erneut den Gang an die Quelle unseres Lebensstromes anzutreten. Dieser Gang bedeutet im Kern: Liebe empfangen und Liebe geben; Liebes-Gaben zu bringen und Liebes-Gaben zu empfangen.

Jede Quelle aber entspringt an einem bestimmten Ort. Die Quellgründe, dessen Wasser an einem bestimmten Ort zutage treten, mögen mitunter in weiter Ferne liegen. Sie sammeln sich nicht selten am Fuß der Berge, und wenn dann der Raum unter der Erde nicht mehr ausreicht, tritt es an die Oberfläche, und die „Quelle“ erblickt das Licht der Welt.

An sich ist der Ort nichtig, spielt als solcher zunächst keine Rolle. Sein Reichtum ist die Quelle, das rein fließende Wasser, das nun „da“ ist und reiche Fruchtbarkeit entstehen lässt, soweit sein Über- und Hineinfließen in das Umfeld reicht.

Vielleicht bleiben wir eine Weile beim Bild-Zusammenhang, der sich in dieser Hinsicht ergibt. Das lebendige Wasser der Liebe hat auch beim christlichen und schönstättischen Heiligtum eine weite Herkunft. Es kommt letztlich aus dem Herzen des ewigen Vaters und aus dem Geheimnis der Zweieinheit zwischen Jesus und Maria, dem neuen Adam und der neuen Eva; dem Lebensquell, welcher der Seitenwunde Christi entströmt ist und von der Empfänglichkeit Mariens und der Kirche aufgefangen und gesammelt ist. Das Ur-Heiligtum schließlich sollte zum Quellort werden, an dem das Quellwasser zugänglich würde für heute, für die Menschen hierzulande, die Kirche und viele Gottsucher in der weiten Welt.

Pater Josef Kentenich und das Heiligtum

Der Quellort des Heiligtums ist uns erschlossen durch die persönliche Erfahrung unseres Gründers. Dieses Zusammengehören von Gründer und Heiligtum mag den Übergang vom Jahr der Vaterströmung zum Jahr der Heiligtumsströmung begleiten. Unser Vater und Gründer ist gleichsam geschichtliche und verstehensmäßige Brücke zum Heiligtum. Die Geschichte unserer Heiligtümer, allen voran des Urheiligtums, ist ein Zeugnis für die Fruchtbarkeit des Gründungsaktes vom 18. Oktober 1914 und für den Lebensquell, welcher an diesem Ort entsprungen ist und das Heiligtum selbst zum Zugang zu diesem Lebensstrom gemacht hat. Alle, die es besuchen, sind eingeladen, daraus zu schöpfen.

Ihnen zu den Gedenktagen unseres Vaters und Gründers in diesen Wochen und zum Einstieg in das begonnene Heiligtumsjahr verbunden, mit herzlichem Gruß vom Urheiligtum

Ihr

P. Dr. Lothar Penners, Leiter der Schönstattbewegung in Deutschland 


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